Streit um Wohnungsbau Mieterbund begrüßt Vorstoß gegen Eigentümer des Kurfürsten-Carrés
Bonn · Das neue Ratsbündnis will Wohnungsbau auf dem Areal der früheren Kurfürstenbrauerei mit Zwang durchsetzen. Der Mieterbund findet die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme angebracht.
Der Mieterbund unterstützt die Absicht der Ratskoalition, mit dem Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme neue Wohnhäuser im Kurfürsten-Carré an der Bornheimer Straße auch gegen den Willen des Eigentümers durchzusetzen. „Entwicklungsmaßnahmen sind ein städtebauliches Werkzeug, um Grundstücke in der Gemeinde zu entwickeln oder neu zu entwickeln“, erklärt Bernhard von Grünberg (SPD), der Vorsitzende des Mieterbunds Bonn/Rhein-Sieg/Ahr. „Sie dienen einer schnelleren Mobilisierung von Bauland für die Errichtung von Wohngebäuden, Arbeitsstätten oder Gemeinbedarfsentwicklungen.“
Solche Eingriffe in die Gestaltungsfreiheit von Eigentümern seien wegen der „Sozialpflichtigkeit des Eigentums“ geboten. „Es kann nicht mehr sein, dass ein Eigentümer aus spekulativen Interessen heraus wertvolles Bauland nicht in Angriff nimmt, erst recht, wenn es in der Innenstadt liegt“, so Grünberg. Eine Entwicklungsmaßnahme führe nicht zur Enteignung, sondern „nur zur Bestimmung von Planungszielen“. Der Unternehmer Hellmuth Hansen erklärt allerdings seit Jahren, dass er das Areal zur Erweiterung seiner IT-Firma brauche. Das Gelände sei keineswegs nicht ausreichend genutzt. Seine Baupläne kann er nach eigenen Angaben vor allem deshalb noch nicht umsetzen, weil die Stadt die Abrissgenehmigung für zwei denkmalgeschützte, verfallene Häuser an der Franzstraße verweigert hat. Gegen eine Entwicklungsmaßnahme will sich Hansen gerichtlich wehren. Damit wären die Wohnbaupläne nur über eine Enteignung durchsetzbar, die bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen als mögliche Maßnahme klar definiert ist.
Das neue Ratsbündnis aus Grünen, SPD, Linkspartei und Volt hat die Maßnahme für das Kurfürsten-Carré ausdrücklich in seinen Koalitionsvertrag aufgenommen. Es sollen auf dem Gelände der früheren Kurfürstenbrauerei „neben vorhandenem Gewerbe in erheblichem Umfang Wohnungen entstehen“. Die Stadtverwaltung hält den Vorstoß aus juristischen Gründen für wenig erfolgversprechend, weil der betroffene Bereich zu klein sei, um eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme zu begründen.
Stefan Hagen, der Präsident der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, warnte in dieser Woche vor einer „verheerenden Symbolwirkung für den Wirtschaftsstandort Bonn“, falls die Koalition ihren Plan umsetze. Folge könnte die Abwanderung von Arbeitsplätzen und der Verlust von Gewerbesteuereinnahmen für die Kommune sein, betonte Hagen.