Die EU und Ungarn: Feine Demokraten

Was in Ungarn geschieht, kann Europa nicht egal sein. Regierungschef Viktor Orban nutzt seine deutliche Mehrheit, um das Land in fast schon absolutistischer Weise so umzubauen, dass seine Machtbasis verbreitert und sein Einfluss auch durch eine eventuelle Abwahl nicht geschmälert würde.

Demokratie sieht anders aus. Nun hat Brüssel sich allerdings immer dann herauszuhalten, wenn es um die inneren Belange der Mitgliedstaaten geht. Aber die EU-Familie hat sich sehr wohl zu Wort zu melden, wenn eherne Grundsätze der Union verletzt oder gar wieder rückgängig gemacht werden.

Das war beim ungarischen Mediengesetz so. Das ist beim Umgang der Budapester Regierung mit Minderheiten so. Und das ist nun bei der Quasi-Entmachtung des Notenbank-Präsidenten nicht anders. Die Frage, ob Ungarn EU-reif ist, liegt auf der Hand. Die Antwort auch: sicherlich nicht.

Europäische Einigung darf kein unumkehrbarer Prozess sein. Wo auch immer in dieser Gemeinschaft demokratische Grundsätze durch Führungspersönlichkeiten mit Allmachtsansprüchen eingeschränkt werden, muss Brüssel einschreiten. Das galt für das Berlusconi-Italien genauso wie für Orbans Ungarn. Und die Liste ist damit noch lange nicht zu Ende.

Die EU hat viele Fehler gemacht, als man sich um jeden Preis glaubte erweitern zu müssen und dabei übersah, dass die politischen Werte, die in den westlichen Mitgliedstaaten über Jahrzehnte gereift sind, bei einigen, wenn auch wenigen, östlichen Nachbarn noch infrage gestellt werden.

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