Kommentar zur Diesel-Rückrufaktion Hexenjagd

Ekhard Zinke, Chef des Kraftfahrt-Bundesamtes, zeigt Zähne und ordnet den Zwangsrückruf der Schummeldiesel von VW an. So richtig überzeugend wirkt die Aktion nicht. Denn eigentlich sind solche Anordnungen für ernste Gefährdungen gedacht, etwa wenn bei einem Auto die Bremsen auszufallen drohen.

Die Flensburger Behörde rechtfertigt den Schritt mit der Dimension des Problems, reagiert aber wohl vor allem auf den Vorwurf, die Autobranche bisher viel zu lax beaufsichtigt zu haben. Tatsächlich stellt sich die Frage, wieso es jahrelang nicht aufgefallen ist, dass VW-Autos in der Praxis deutlich mehr Schadstoffe ausstoßen als im Testbetrieb. Und warum beim Spritverbrauch, wo Theorie und Praxis ebenfalls seit Jahren auseinanderklaffen, auch lange nicht eingeschritten wurde.

Jetzt, wo ausgerechnet die spritfressenden USA den Finger in die deutsche Wunde legen, überschlägt sich alles in Aktionismus. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) geht so weit, die Rückrufaktion für jeden Halter eines betroffenen Diesel für verpflichtend zu erklären. Und was, wenn dieser nicht in die Werkstatt fährt? Droht dann Bußgeld, Zwangsstilllegung?

Zwangsrückruf, schwindelerregende Multimilliarden-Strafdrohungen und Schadenersatzforderungen aus jeder Ecke des Globus - die VW-Affäre scheint alle Dimensionen sprengen zu wollen. Ok, die Wolfsburger haben betrogen, Schadstoffwerte geschönt. Das gehört angemessen bestraft und technisch behoben. Eine Hexenjagd haben aber weder die VW-Mitarbeiter noch die VW-Fahrer verdient.

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