Kommentar zu Julian Assange Massiver Fehler

Meinung | London · Zum Prozessauftakt über den US-Auslieferungsantrag für Wikileaks-Gründer Julian Assange in London versammeln sich Dutzende vor dem Gerichtsgebäude zu lautstarkem Protest. Seine Auslieferung wäre ein massiver Fehler, kommentiert GA-Korrespondentin Katrin Pribyl.

 Dutzende Menschen demonstrierten für die Freilassung von Julian Assange.

Dutzende Menschen demonstrierten für die Freilassung von Julian Assange.

Foto: dpa/Hans Punz

Einmal wieder streitet die Welt darüber, ob Wikileaks-Gründer Julian Assange ein Held ist oder ein Verräter, der in die USA abgeschoben werden sollte, wo ihm eine lebenslange Haftstrafe droht. Es wäre ein massiver Fehler mit drastischen Folgen, sollte das Königreich den Australier ausliefern. Oder wie würde Großbritannien reagieren, wenn beispielsweise ein englischer Blogger in China in Untersuchungshaft sitzen und ein dortiges Gericht über die Auslieferung nach, sagen wir, Saudi-Arabien entscheiden würde?

Der Aufschrei wäre zurecht groß. Auch wenn Assange im eigentlichen Sinne nicht als Journalist agierte, sondern vielmehr als kompromissloser Aktivist handelte, ohne Rücksicht auf den Quellenschutz und ohne Einordnung der Enthüllungen, dafür mit dem Ziel der absoluten Transparenz. Er hat einen wichtigen journalistischen Beitrag zur Aufklärung der Öffentlichkeit geleistet. Es ist völlig gleichgültig, aus welchen Beweggründen er die Informationen veröffentlichte. Sie waren von großem öffentlichem Interesse.

Das Problem? Der Australier ist für viele Beobachter alles andere als ein Sympathieträger. Aber die Entscheidung darf nicht davon geleitet sein, ob man Assange mag. Hier geht es um Pressefreiheit. Dieser Grundpfeiler einer funktionierenden Demokratie wird gerade in Ländern wie Großbritannien oder in den USA zunehmend angegriffen.

Die Enthüllungen von Wikileaks über die US-Einsätze in den Kriegen in Afghanistan und im Irak haben Verfehlungen der Regierungen offengelegt, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, gefährliche Geheimdienstaktivitäten. Diese Dinge sollten im Mittelpunkt der Diskussion stehen, nicht der Umgang mit oder gar die Auslieferung von dem Überbringer der schlechten Nachrichten.

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