Kommentar zur Hochwasser-Katastrophe Schluss mit den Klimaschutz-Märchen!

Meinung · Die aktuelle Unwetter-Katastrophe rückt den Kilmawandel erneut in den Blick der Menschen. Doch all das, was aktuell klimatechnisch auf der Welt passiert, haben Experten vorausgesagt. Fest steht: Nur das "politisch Machbare" beim Klimaschutz umzusetzen, reicht längst nicht mehr, sagt unser Autor.

 Blick auf einen zerstörten Ort: In Schuld im Kreis Ahrweiler hat das Unwetter besonders große Schäden angerichtet.

Blick auf einen zerstörten Ort: In Schuld im Kreis Ahrweiler hat das Unwetter besonders große Schäden angerichtet.

Foto: dpa/Harald Tittel

Aus dem Himmel strömen Flüsse, die Gebäude zerstören und Menschenleben auslöschen. Tausende Kilometer entfernt wüten ebenfalls Extremwetter: Hitze und Brände in Nordamerika und Sibirien. Ein stark mäandernder Jetstream produziert, geschwächt vom Klimawandel, insbesondere im Nordhalbkugel-Sommer zunehmend Wetterlagen, in denen Hochs und Tiefs nicht mehr zügig wandern, sondern unbeweglich auf der Stelle verharren. Immer häufiger berichten die TV-Wetterfrösche von „stehenden Wettern“. Über welchem Erdwinkel die lahmende Höhenströmung indes ein Hoch oder Tief einschnürt, bestimmt das meteorologische Roulette.

Ob nach dem Tornado in Tschechien, dem Glutofen-Event von Lytton oder der Sintflut in der Eifel: „So etwas haben wir noch nicht erlebt“, sagen Überlebende der Wetterhöllen, während die Manipulaton der öffentlichen Meinung zum Klimawandel sich stoisch fortsetzt. Sie steckt bereits in der kindlich anmutenden Frage: Ist das noch Wetter oder schon der Klimawandel? Während wir ein Menetekel nach dem anderen erleben, tun wir immer noch so, als wüssten wir es nicht besser.

Bei direkter Betroffenheit können wir aber auch anders: Die Pandemie lässt sich als Extremwetter für alle und weltweit zeitgleich vorstellen. Keiner käme heute (außerhalb des Querdenker-Kosmos) mehr auf die Idee zu fragen: Ist das nicht eigentlich doch nur eine Grippe?

Aber beim menschengemachten Klimawandel treiben die Medien ihre Redlichkeit zur ausgewogenen Berichterstattung auf die Spitze: Die Wissenschaft sei sich nicht einig, tröten einige Politiker und berufen sich auf zweifelhafte Experten. So entsteht jene törichte „False balance“, die seit langem die öffentliche Meinung düngt. Wenn drei von 100 Klimaforschern die menschengemachte globale Erwärmung bezweifeln, lässt sich schwer Uneinigkeit testieren – aber der ahnungslose Bürger glaubt, es stehe fifty-fifty. So lügen wir uns seit Jahrzehnten immer tiefer in die Tasche. „Was nützt eine Forschung“, fragte schon vor 45 Jahren Chemie-Nobelpreisträger Rowland Sherwood, „wenn alle Welt herumsteht und nur beobachtet, wie die wissenschaftlichen Prognosen bestätigt werden?“

Wenn wir nichts tun, kommt es viel teurer

Alles, was der Mensch gerade zwischen Rekordhitze und Sintfluten erlebt, war vorhergesagt. Nur wo es wen wann mit welcher Wucht trifft, blieb und bleibt offen. Seit mehr als vier Jahrzehnten kennt die Welt den simplen Zusammenhang: Indem wir die Lufthülle weiter mit Kohlendioxid (CO2) aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas und weiteren Treibhausgasen aus Fleischproduktion und anderen Quellen vollpumpen, produzieren wir einen wärmenden Gasmüll-Teppich, der alles verändert. Gesundheit, Süßwasserverteilung, Ernten, auch das Verhältnis von Land- zu Meerfläche. Längst ist seriös vorgerechnet: Wenn wir nichts tun, kommt es viel teurer.

Auch, was gerade in Brüssel spielt, ist ein Menetekel. Botschaft: Wir können es noch schaffen. Dem Slogan „Green Deal“ und dem Versprechen eines klimaneutralen Daseins bis 2050 sollen endlich – nun aber wirklich – Taten folgen. Die EU-Beschlüsse, etwa ab 2035 den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zu verbieten, gehen nun in 27 nationale Parlamente. Die Beratungen werden dauern, eher Jahre als Monate. Eines Tages werden diese Beschlüsse bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt zurückkommen, versehen mit Hinweisen zur Wohlstands- und Freiheitsverteidigung. Obwohl der Welt die Zeit davonläuft, hat jede Regierung nur ihre Wiederwahl im Auge.

Ein mit viel Zuversicht und Innovation gemixter Zaubertrank soll es richten

Wie in Deutschland gerade im Wahlkampf zu beobachten, erzählen die Parteien in unterschiedlichen Facetten Klimaschutz-Märchen, wonach ein CO2-freies Leben und Wirtschaften ohne Verzichts- und Verbotskultur möglich sei. Hier ein bisschen Wasserstoff, dort synthetische Kraftstoffe. Ein mit viel Zuversicht und Innovation gemixter Zaubertrank soll es richten, steht aber aktuell (leider) nur im Labormaßstab zur Verfügung – und für den industriellen Groß­einsatz, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren.

Wer das Gegenteil behauptet, gerät – Schublade auf – schnell in den Verdacht, ein Kämpfer gegen individuelle Freiheiten und allgemein ein Miesepeter – Schublade zu – zu sein. Dabei haben deutsche Verfassungsrichter es kürzlich ganz anders gesehen. Wer heute nichts tut und weiter nur vage Ziele formuliert, gefährdet die Freiheit der noch Ungeborenen.

Dass das 1,5-Grad-Ziel schon gar nicht mehr zu erreichen ist, selbst wenn alle 27 EU-Staaten und der Rest der Welt ihre Ziele erfüllen: Dass dies beharrlich verschwiegen wird, gehört auch zur öffentlichen Manipulation. Seit 2015 kennt die Politik das Kleingedruckte der wissenschaftlichen Expertise: Das Zuviel an CO2 muss aus der Luft geholt werden. Doch wer traut sich, es dem Volk zu sagen?

Auch Wissenschaftler von der Klimaforschungsfront ertragen zuweilen den verlogenen Umgang mit den Fakten nicht mehr. Wie einmal Antje Boetius, die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung. „Diese Sendung führt doch zu nichts“, raunzte sie die ZDF-Talkmasterin Maybrit Illner an, „wenn man die Wahrheit nicht sagen darf.“ Zu solchen Sätzen gehört ein gewisser Mut, denn Forscher sind abhängig von öffentlichen Fördermillionen. Klimaforscher Hanns Joachim Schellnhuber, inzwischen pensioniert, hat einen entsetzlichen Verdacht und schreibt von einer „Komplizenschaft der Politiker und ihrer Wähler bei der Benachteiligung künftiger Generationen“.

Nichts konnte die deutsche Politik im Wahlkampf schlechter gebrauchen

Menschen reagieren mit ihrem Risikokompass nicht auf Vorgänge, sondern auf Vorfälle. Deshalb also puscht nun ein „Vorfall“, die schreckliche Wetterkatastrophe vor der Haustür mit vielen Toten, den Klimaschutz wieder nach ganz oben auf der Agenda. Nichts konnte die deutsche Politik im Wahlkampf schlechter gebrauchen. Die stille Hoffnung war: bloß keine dritte Sommerdürre in Folge. Nun überraschte die Flut mit der feuchten Seite der Erwärmungsmedaille. Es wird schwer, die Bürger weiter mit den kleinen Dramen zu beschäftigen – mit Pendlerpauschale, Mallorca-Flügen und Billigfleisch oder Blühstreifen.

Das „politisch Machbare“ (Merkel) beim Klimaschutz reicht nicht mehr. Wir müssen uns mehr dem technisch Möglichen und klimaphysikalisch Notwendigen zuwenden. Die politische Praxis, lieber Klimaziele zu reißen als Bürgerzorn zu riskieren, muss ad acta gelegt werden. Wenn das Wetter bei einer um 1,2 Grad gestiegenen Erdtemperatur schon so ausschlägt, wie muss man sich das bei jenen 1,5 Grad vorstellen, die angeblich den „sicheren Hafen“ markieren?

Tatsächlich hat Klimaschutz auch heute weiter einen Zukunftseffekt. Es geht um jedes Zehntel Grad weniger. Politiker sollten eines jetzt nicht tun: In die Eifel fahren, „Wir kümmern uns“ suggerieren – und Betroffenen dann nur eine Elementarversicherung empfehlen.

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