Keine Angst vor Spitzentönen

Mit der Oper "Apollo und Hyazinth" des elfjährigen Mozart gelingt dem Bonner Theater im Alten Malersaal ein kleines Wunder, für das vor allem die ganz jungen Mitwirkenden verantwortlich sind

  Geschwister:  Melia (Milena Stefanski) und Hyacinth (Leonie Winterhoff) in glücklichen Tagen.

Geschwister: Melia (Milena Stefanski) und Hyacinth (Leonie Winterhoff) in glücklichen Tagen.

Foto: Szokody

Bonn. Es ist zwar historisch nicht belegt, dass Vater und Sohn Mozart im Zuge ihrer zahlreichen Konzertreisen auch das antike Königreich Lacedämonien besucht hätten, doch in der Bonner Inszenierung der Oper des elfjährigen Wunderknaben "Apollo und Hyazinth" lustwandeln sie dennoch staunend zwischen Tempeln, Göttern und den Mitgliedern einer königlichen Familie einher (Bühne: Uta Heiseke).

Es ist ein hübsch ausgedachter Kunstgriff des Regisseurs Mark Daniel Hirsch, der dieser surrealen Situation zugrunde liegt: Die Handlung der Oper beginnt in dem Moment, als Mozart seine ersten Einfälle zu Papier bringt. Und die kommen ihm während eines Picknicks mit seinem Vater in freier Natur.

Wo das Wolferl gerade noch Fische und Schmetterlinge fing, beginnen seine Figuren plötzlich wie von einem Zauber berührt zu leben. Im Grunde erzählt Mozarts frühe Oper, die schon auf verblüffende Weise das einzigartige musikdramatische Talent des Komponisten verrät, eine Art Kriminalhandlung.

Der von den Göttern vertriebene Apollo sucht als Hirte verkleidet in dem kleinen Reich des Königs Oebalus Zuflucht, wo man diesen Gott ganz besonders verehrt. Doch seine Ankunft bringt der königlichen Familie nicht das zunächst erhoffte Glück.

Oebalus, der bemerkt, dass seine Kinder Hyazinth und Melia den Gott lieben, verspricht sich von der Heirat seiner Tochter mit dem göttlichen Bräutigam einen sagenhaften gesellschaftlichen Aufstieg. Doch da gibt es noch Zephyr, der aus Eifersucht seinen Freund Hyazinth beim Diskuswerfen tödlich verletzt und zugleich Apollo als Mörder beschuldigt.

Nachdem der Mord schließlich doch aufgeklärt wird und die Wahrheit ans Licht kommt, lässt der versöhnte Gott Apollon Blumen aus dem Grab Hyazinths sprießen, die fortan dessen Namen tragen. Auf der Bühne des Alten Malersaals erleben die Zuschauer ein kleines Theaterwunder.

Das liegt zu einem großen Teil an Hirschs sympathische Art, die Geschichte zu erzählen. Er nimmt die mythologische Geschichte nicht allzu ernst, unterbricht sie gelegentlich ironisch durch die Mozart-Parallelhandlung, wenn etwa König Oebalus wiederholt mitten im Rezitativ steckenbleibt, weil Wolferl unzufrieden immer wieder das Notenpapier zusammenknüllt, oder der Knabe sich mit dem Vater darüber streitet, ob das nächste Stück nun "Tempo allegro" (Sohn) oder nur "Tempo allegro moderato" (Vater) zu spielen sei.

Einen besonderen Charme erhält die Inszenierung, die als Beitrag der Bonner Oper zum Mozartjahr gedacht ist, durch die Mitwirkung der ganz jungen Akteure. Während den Instrumentalpart Musiker des Bonner Jungendsinfonieorchesters übernehmen und für die Chorpartien der Jugendchor der Oper zuständig ist, teilen sich bei den Solisten professionelle Opernsänger und Mitglieder des Jugendchores die Rollen.

Besonders beeindruckend ist hier Milena Stefanskis Leistung als Melia. Ihre von Koloraturen und virtuosen Staccati durchsetzte Arie absolviert die 18-jährige Schülerin mit bemerkenswerter Sicherheit. Dabei hat sie keine Angst vor Spitzentönen und kann sich zornig im Duett mit Apollo ("Nun geh doch, du Schlimmer") gegenüber der Bonner Opern-Mezzosopranistin Anjara I. Bartz behaupten.

Dieses Niveau erreichen Leonie Winterhoff (Hyacinth) und Jane Philipp (Zephyr) nicht ganz, aber dennoch gebührt auch ihnen Lob. Ebenso Operntenor Patrick Henckens, der die Rolle des Oebalus nicht weniger erst nahm, als eine der großen Mozart-Partien. Jeremy Mockridge erscheint als eine sehr glaubwürdige Reinkarnation des elfjährigen Mozart, während Petr Stopka dem Vater ebenso schlichte wie liebenswürdige Züge verleiht.

Der Jugendchor sang vortrefflich und das Orchester spielt unter Leitung von Florian Pestell (der auch das Continuo-Cembalo spielte) ausgesprochen frisch, lebendig und klangschön.

Weitere Vorstellungen: 18., 19., 22., 23., 26., 30. März, 5., 7., 9., 16., 20., 22., 26. und 29 April. Karten unter anderem in den Geschäftsstellen des General Anzeigers.

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