Schlicht, aber ergreifend: Chicago am Tanzbrunnen

Es ist ein Konzert von der Sorte, die man heutzutage kaum noch erlebt. Von bombastischen Produktionen, überall gleich im Ablauf, in der Perfektion und in der Überflutung mit Reizen sind die Musiker von Chicago Welten entfernt.

Schlicht, aber ergreifend: Chicago am Tanzbrunnen
Foto: Thomas Brill

Köln. Es ist ein Konzert von der Sorte, die man heutzutage kaum noch erlebt. Von bombastischen Produktionen, überall gleich im Ablauf, in der Perfektion und in der Überflutung mit Reizen sind die Musiker von Chicago Welten entfernt.

Am Montagabend genügen Robert Lamm (Keyboard und Gesang), James Pankow (Posaune), Lee Loughnane (Trompete), Walt Parazaider (Saxofon), Jason Scheff (Bass, Gesang), Tris Imboden (Schlagzeug), Keith Howland (Gitarre, Gesang) und Lou Pardini (Keyboard) ihre Instrumente, ihre Stimmen und eine improvisiert wirkende Bühne im Theater am Tanzbrunnen.

Es gibt weder raffinierte Aufbauten, noch Kulissen und auch keine Gimmicks. Auf dem schwarzen Vorhang im Hintergrund steht der Schriftzug des Bandnamens, und dabei bleibt es. 1 800 Fans, in der Masse jenseits der 50, finden das großartig.

Hier wird weder gemogelt noch zu viel Tünche aufgetragen. Das alles ist echt. In den besten Momenten grooven Chicago wie Götter. Die Brass-Section - allen voran James "Jimmy" Pankow, Mitbegründer und seit 1967 an Bord - ist großartig, mitreißend und erzeugt ein Gefühl von Ehrfurcht für einen so langen Atem. In den schlechtesten Momenten aber klingen Chicago wie eine Band, die Chicago covert. Weder im Solo- noch im Chorgesang erreichen die Jazzrocker die alte Form.

Terry Kath starb bereits 1978, Peter Cetera hat die Band 1985 verlassen. Dass das Runde, Weiche, in der Harmonie so Perfekte fehlt, merkt man besonders schmerzlich, wenn um 21.45 Uhr der wohl größte Hit "If You Leave Me Now" erklingt. Top-Drummer Tris Imboden reißt sehr viel raus, bei "I'm A Man" ist er virtuos. Aber er kann weder die stimmlichen Defizite ausgleichen noch den Mix mildern.

Bisweilen versuppen die Stimmen bis hin zur Unverständlichkeit in Blech und Fellen. Ja, das Theater im Tanzbrunnen ist akustisch schwierig. Aber andere Bands haben das besser bewältigt. Mit den beiden Zugaben "Free" (1971) und "25 or 6 to 4" (1970) endet dieser Abend für zwei Seelen zwar mit einer grandios-knackigen Fusion, hinterlässt aber trotzdem gemischte Gefühle.

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