Nach Aussage von Jens Spahn So reagieren Karnevalsvereine aus der Region

Düsseldorf · Geht es nach Gesundheitsminister Jens Spahn, soll die kommende Karnevalsession bundesweit komplett ausfallen. Die Karnevalisten in Bonn und der Region fordern nach der Aussage nun vor allem Planungssicherheit.

 Jecken feiern auf dem Heumarkt in Köln den Auftakt der Karnevalssession.

Jecken feiern auf dem Heumarkt in Köln den Auftakt der Karnevalssession.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich in einer Telefonschalt-Konferenz des Gesundheitsausschusses des Bundestags am Dienstag dafür ausgesprochen, den Karneval in der Saison 2020/2021 bundesweit komplett ausfallen zu lassen. Das erfuhr die "Rheinische Post" auf Nachfrage aus Teilnehmerkreisen der Schaltkonferenz.

Demnach sagte Spahn: "Ich war selbst Kinderprinz und komme aus einer Karnevalshochburg. Ich weiß also, wie wichtig Karneval für viele Millionen Deutsche ist. Aber: Ich kann mir Karneval in diesem Winter, mitten in der Pandemie, schlicht nicht vorstellen. Das ist bitter, aber so ist es."

In der vergangenen Woche hatte sich schon Sebastian Schuster, Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, für eine Komplettabsage der Session ausgesprochen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatte einen Tag später darauf reagiert, er halte eine Absage für „zu früh“.

Festausschuss in Bonn: Forderung an Bund und Land

Der Festausschuss Bonner Karneval hat die Äußerungen von Spahn zur Kenntnis genommen und fordert die Verantwortlichen in Bund und Land auf, sich zeitnah dazu zu äußern. „Wir erwarten, dass die zuständigen Gremien die allgemeine Aussage von Herrn Spahn so konkretisieren, damit wir Planungssicherheit haben“, erklärte Vizepräsident Stephan Eisel.

Für Anfang September ist ein Treffen der Festausschüsse und Festkomitees der vier rheinischen Karnevalshochburgen in der Düsseldorfer Staatskanzlei geplant. Nach GA-Informationen soll dabei festgelegt werden, welche Veranstaltungsformate in der Session 2021 zulässig sind.

„Eine Karnevals-Absage ist unabdingbar“

„Mir fällt ein Stein vom Herzen“, sagt Jörg Sola Schröder, Präsident des Siegburger Karnevalskomitees. „Eine Karnevals-Absage ist unabdingbar“, spricht er für die Siegburger Karnevalsgesellschaften. Das finanzielle Dilemma sei schon jetzt groß. „Wir haben Verträge und Vereinbarungen schon vor der Corona-Krise abgeschlossen. Ohne eine Absage müssten wir weitere Verträge abschließen, um diese erfüllen zu können. Ob dann überhaupt jemand kommt, ist mehr als fraglich.“

Reaktionen aus Bad Honnef und Königswinter

„Wir brauchen eine klare Entscheidung“, sagt Arno Wichelhoven, Präsident der KG Fidele Freunde Postalia 1929 Königswinter. „Das brächte uns die Rechtssicherheit, die wir gegenüber allen Gruppen und Künstlern brauchen. Im Moment hängen wir in der Warteschleife und wären froh, wenn die Landesregierung endlich klare Kante zeigt.“

Darauf hofft auch Alfred Höhler, Geschäftsführer der KG Ziepches Jecke Bad Honnef-Rhöndorf. Eine Veranstaltung wie die Party Ramba Zamba mit Hunderten Jecken im Kursaal sei unter Corona-Bedingungen auf keinen Fall möglich. Als Verein brauche man eine verbindliche Entscheidung des Landes, um wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden. Für das Brauchtum sei es eine traurige Zeit. „Das ist eine Kette ohne Ende, von den Kamelle über die Kostüme bis hin zu den Künstlern, denen extrem viel verloren geht.“

Bornheim verzichtet auf Veranstaltungen und Umzüge

In Bornheim verzichten die Karnevalisten in der Session 2020/2021 aufgrund der Corona-Pandemie auf Umzüge, Sitzungen, Proklamationen und alle weiteren größeren Veranstaltungen. Es wird auch keine neuen Tollitäten geben. Laut Stadtverwaltung fiel die Entscheidung einvernehmlich in einer Gesprächsrunde mit Vertretern aller Ortsausschüsse, Dorf- und Vereinsgemeinschaften sowie der Karnevalsvereine im Stadtgebiet.

Ahrweiler Karnevalisten sind auf der Linie von Spahn

Spahns Vorstoß löst indes bei denen, die im Kreis Ahrweiler die närrischen Tage organisieren, sehr gemischte Gefühle aus. Alle Planungen in den Wind schreiben, nichts im Saal und nichts unter freiem Himmel stattfinden lassen, das ist für manche Vereine eine bittere Pille, die sie so nicht unbedingt zu schlucken gewillt sind.

Der General-Anzeiger fragte im Kreis Ahrweiler nach den Reaktionen auf Spahns Anregung. Zwar sind die Stellungnahmen meist noch in Vorbereitung, da man sich, wie bei den Närrischen Buben von 1967 in Sinzig, „mit den Vereinen an der Rheinschiene abstimmen will“, um ein gemeinsames Statement herauszugeben. Das teilt die Vize-Vorsitzende Heike Adams mit. Zur Stimmung sagt sie nur so viel: „Die Emotionen der Mitglieder kochen derzeit ziemlich hoch.“

Für die Ahrweiler Karnevals-Gesellschaft 1863 (AKG), deren Vorsitzender Udo Willerscheid sich im Urlaub befindet, antwortet Pressesprecher Dieter Zimmermann, die AKG habe bereits bei der jüngsten Jahreshauptversammlung darüber informiert, dass es Karneval in der gewohnten Form in der kommenden Session nicht geben könne und werde: „Dies sind wir dem Schutz unserer Mitglieder und Gäste schuldig.“ In der Aussage von Minister Spahn erkennt Zimmermann „ein klares Signal, allerdings sehr früh und noch sehr pauschal“.Das besonnene Fazit der Ahrweiler Karnevalisten: „Wir werden zu gegebener Zeit auf der Basis der dann bestehenden Verordnungen finale Entscheidungen treffen.“

Die KG Blau-Weiß Neuenahrer Schinnebröder hatte als erste im Kreis Ahrweiler ihren Mitgliedern bereits im Juli definitiv bekundet, die Entwicklung der Corona-Pandemie lasse es nicht zu, „seriös über die Durchführung von und die Teilnahme an Veranstaltungen in der Session 2019/2020 sowie Session 2020/2021 (hier bis Karnevalsdienstag einschließlich) nachzudenken/zu beraten“.

Ausdrücklich und in Gänze bejaht Rainer Jakobs, Vorsitzender der Schinnebröder, daher den Rat von Jens Spahn: „Durch die Aussagen von Bundesgesundheitsminister Spahn sehen wir unser Vorgehen nachdrücklich bestätigt. Wir haben frühzeitig seriös entschieden, aufgrund der aktuellen Lage und perspektivischen Einschätzung zu Covid-19 Sorgfaltspflicht walten zu lassen und haben verantwortungsvoll im Sinne aller Beteiligten gehandelt.“Jakobs warnt: „Fröhlichen Festen könnten tragische Entwicklungen folgen. Wir wollten nicht die Basis für einen möglichen Infektionsherd bieten.“

Allerdings hat die Bad Neuenahrer Karnevalsgesellschaft keineswegs alle Vereinsaktivitäten eingestellt. So hatte das Team Jugendleitung ein umfassendes Konzept erarbeitet, damit wieder trainiert werden kann. Dazu Rainer Jakobs: „Die Aufnahme von Trainingseinheiten unter Anwendung des hochwertigen Gesundheits- und Hygienekonzeptes hat gegriffen.“

(ga)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort