Für Vetere ist es der Auftrag seines Leben

Der Künstler arbeitet kostenlos am neuen Altar für das vor elf Monaten abgebrannte Eitorfer Gotteshaus, und Schreiner Hans Peter Schug baut die Kanzel originalgetreu nach

Eitorf. Pfarrer Rolf Thumm ist in diesen Tagen ständig in der Werkstatt anzutreffen: Nur noch eine Woche ist Zeit, denn am ersten Advents-Sonntag soll die kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres ausgebrannte Kirche in der 20 000-Seelen-Gemeinde Eitorf mit einem feierlichen Gottesdienst wieder eröffnet werden.

Handwerker, Künstler und Ingenieure halfen, die 136 Jahre alte evangelische Kirche originalgetreu wieder aufzubauen. Dabei sei es um mehr gegangen als nur Handwerk, sagt Thumm voller Begeisterung über den "aufregendsten Prozess meines Lebens". Kerzen auf dem Adventskranz hatten zwei Tage vor Heiligabend das Feuer ausgelöst, das den Innenraum völlig zerstörte.

Als Beispiel für die neue Einrichtung nennt der Pfarrer den bleiummantelten Altar, in den der Eitorfer Künstler Giovanni Vetere Symbole wie Fisch, Jakobsleiter, Brot und Wein geschlagen hat, und dessen Platte aus chinesischem Basalt erst kommende Woche geliefert wird.

Der Altar solle den Blick nach vorne richten, "zum Beten führen, damit die Menschen das Göttliche empfinden und fühlen", sagt der Theologe. Der Holzfußboden wird am Montag fertig, das Kreuz etwas später. Das alte Holzkreuz war bei dem Brand verkohlt. Der mit Thumm befreundete Bildhauer Vetere, der in der alten Zigarrenfabrik lebt, suchte für das neue Kreuz Olivenholz aus seinem Heimatdorf Strongoli in Kalabrien aus.

Das Kreuz als Symbol der Christenheit drücke Leiden und "den Tod eines fragmentarischen Lebens" aus, sagt Thumm. Es müsse ungleichmäßig und rissig sein und "nicht auf Hochglanz poliert", um an den Kreuzestod Jesu zu erinnern. In die Arbeiten am Kreuz wurde eine Spezialwerkstatt mit computergesteuerten Werkzeugen einbezogen. Der für seine fröhliche Bildsprache bekannte Künstler Vetere, dessen Figuren große Gesichter haben, schuf auch den Altar, das Lesepult und den Taufstein. Berechnet habe er nur die Materialkosten, sagt Thumm.

Der Bau der Primarstücke für die Kirche ist für Vetere "der Auftrag seines Lebens", eben weil es bei einer Kirche um etwas ganz Besonderes gehe. Kommende Woche wird auch die Kanzel aus Eichenholz aufgestellt, die der Eitorfer Schreiner Hans Peter Schug mit hundert Jahre altem Werkzeug originalgetreu nachgebaut hat. Nicht fertig werden bis zum Adventssonntag die Orgel und die Kirchenfenster.

Bis 2005 muss sich die Gemeinde mit einer Leih-Orgel behelfen, dann soll ein neues Instrument mit 20 Registern die vom Feuer zerstörte historische Pfeifenorgel ersetzen. Für die Fenster sind bislang nur die Rahmen gebaut, geplant sind aber noch Kunstwerke auf Glas zu zentralen christlichen Themen. Die Fenster seien "für die Ewigkeit, deshalb dürfen wir das nicht übers Knie brechen", erklärt Thumm. Die Gestaltung sollen der italienische Bühnenbildner Michele Canzoneri oder Graham Jones aus London übernehmen, der schon Fenster für die Westminster Abbey gemacht hat.

Knapp zwei Millionen Euro kostet der Wiederaufbau der Kirche, die durch das Feuer im Innern nahezu völlig zerstört wurde. Bis zu 80 Prozent davon übernimmt die Versicherung. Durch Benefizkonzerte und Spenden kamen bislang 70 000 Euro zusammen, ein großer Batzen fehlt aber noch. Thumm indes ist zuversichtlich, dass es am Geld nicht scheitern wird. "Da gehen wir sammeln."

Mit einem Gottesdienst wird die Kirche am Sonntag, 30. November, um 10 Uhr eingeweiht. In der Galerie Incontro, Schümmerichstraße, zeigt Giovanni Vetere ab 12 Uhr Werke, die im Zuge der Arbeit für die Kirche entstanden. Die Ausstellung ist bis 17. Januar zu sehen.

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