F.V. Salia Sechtem feiert Vereinsjubiläum So spielten die Sechtemer vor 100 Jahren Fußball

Bornheim-Sechtem · Von Bällen im Burggraben, rebellischen Frauen und Turnieren mit Fallschirmspringern: Ein Rückblick auf 100 Jahre Salia Sechtem. Heute steht der Fußballverein vor großen Herausforderungen.

Der kolorierte Ball als Hingucker: Ein bearbeitetes Bild von der Gründungsmannschaft. Das Foto entstand 1924.

Der kolorierte Ball als Hingucker: Ein bearbeitetes Bild von der Gründungsmannschaft. Das Foto entstand 1924.

Foto: Salia Sechtem

Ein paar der alten Fotografien von Mannschaften des Fußballvereins (F. V.) Salia Sechtem 1923 hat Pressesprecher Matthias Weiler koloriert. Für das Bild der allerersten Mannschaft, das die rund 100 Jahre gut überdauert hat, fand er einen besonderen Kniff: Die Spieler sind schwarzweiß geblieben, aber den Lederball vor ihnen hat er braun gefärbt. Damit wird dieser zum Blickfang.

Das Bild, das auch in der Chronik zum Vereinsjubiläum zu sehen sein wird, zeigt elf hochmotivierte Jungs im einheitlichen Outfit. „Anschaffungen wie Trikots und Bälle gab es aber erst ab 1924“, sagt der ehemalige Salia-Spieler Johann von der Dovenmühle, der mit am Tisch im Vereinshaus sitzt. Das Foto wurde also nicht im Gründungsjahr aufgenommen. Am 1. März 1923 kamen die Sechtemer Burschen zusammen und gründeten im Zeitgeist der Deutschen Jugendkraft, kurz DJK, mit Unterstützung des katholischen Pfarrers den Sechtemer Fußballerverein. Dass sie zunächst nicht auf einem vernünftigen Sportplatz mit richtigen Toren oder gegen echte Gegner spielten, störte sie dabei nicht. Sie bestritten Freundschaftsspiele, der Ligabetrieb und der Platz kamen im Jahr darauf.

„Die Jungs haben gut gekickt und sich hochgespielt“, sagt Weiler. 1930 stiegen sie in die erste Kreisklasse auf. Da hieß die Elf schon Salia Sechtem: In den ersten Jahren nach der Gründung, berichtet Weiler, habe man sich mit Vereinsfarben auseinandergesetzt und kam auf Grün-Weiß. Aber Grün-Weiß Sechtem wollte der Verein nicht heißen. 1926 wählten die Mitglieder den heutigen Namen – ein Spieler gehörte der Bonner Burschenschaft Unitas Salia an, das gefiel.

Vorreiter bei Rückennummern und Werbung

Salia war Vorreiter in mehrfacher Hinsicht: 1923 gehörte er zu den ersten Sportvereinen in der DKV-Bewegung, er ist außerdem einer der ältesten Clubs des Bonner Fußballkreises. 1948 übernahm er ohne Zögern den Trend, Rückennummern auf die Trikots zu nähen. 1969 trugen die Frauen rund um ihr erstes Spiel Trainingsanzüge mit Werbung darauf – vier Jahre bevor Eintracht Braunschweig mit dem Jägermeister-Hirschen auflief und der Bundesliga das heute unerlässliche Trikotsponsoring bescherte. Und ohnehin war die Damenmannschaft 1969 geradezu eine Pionierleistung, denn sie war die erste im Vorgebirge.

Resi Schäfer und Maria Schatz gehörten 1969 zu dieser „Frauschaft“. Es war eine Idee aus einer Karnevalslaune heraus: „Aschermittwoch haben wir angefangen zu trainieren“, erzählt Schatz, deren Mann der Trainer war. Es sollte ein Spiel anlässlich der Feier zum zehnjährigen Bestehen der Alten Herren von Salia sein. Die Herren spielten gegen eine Mannschaft aus Drabenderhöhe, und die Frauen beider Teams wollten ebenfalls gegeneinander antreten.

 Gemeinschaftsfoto der Frauenteams von Salia Sechtem in Rot und des ersten Gegners, Drabenderhöhe in Grün 1969.

Gemeinschaftsfoto der Frauenteams von Salia Sechtem in Rot und des ersten Gegners, Drabenderhöhe in Grün 1969.

Foto: Salia Sechtem

Eine prominente Spielerin

„Wir haben das ja nur aus Jux und Dollerei gemacht“, sagt Schäfer. „Wir wussten nichts von dem Verbot.“ Der Deutsche Fußballbund hatte 1955 Frauenfußballspiele in Vereinen verboten. Erst 1970 wurde dieses aufgehoben, viele hatten sich ohnehin nicht daran gehalten. Bis 1983 kickten Frauen bei Salia Sechtem. Spielerin Andrea Haberlaß wechselte zur Erfolgsmannschaft der SSG Bergisch-Gladbach 09 und wurde mehrmals Deutsche Meisterin sowie DFB-Pokalsiegerin, 1989 sogar Europameisterin. Wenn es im Sechtemer Verein einen Promi gab, dann war sie es. Sie hatte noch auf dem zweiten Spielfeld des Vereins, dem Aschenplatz neben der Grauen Burg gespielt, in deren Burggraben viele Bälle landeten.

Daran erinnert sich auch von der Dovenmühle, der 1970/71 als Spieler am Aufstieg in die Bezirksklasse beteiligt war. Salia hielt sich dort ein Jahr und stieg wieder ab. Er erinnert sich an Turniere, bei denen ungarische Folkloregruppen auftraten und Fallschirmspringer landeten. „Da sind viele Feste gefeiert worden. Die Gemeinschaft war enger, es war familiärer.“ Andere Zeiten waren das.

1969 wurde besagter Aschenplatz in Betrieb genommen. Seit 1999 spielt Salia am Staffelsweg, 2013 wurde auf der „SaliArena“ Kunstrasen verlegt – in Eigenleistung und finanziert über Mitgliedsbeiträge, Spenden sowie einen Zuschuss der Stadt Bornheim. „Das war überlebenswichtig“, sagt Weiler. „Vereine wie Rösberg, die sich das nicht getraut haben, gibt es heute nicht mehr.“

 Die aktuelle Seniorenmannschaft von Salia Sechtem beim Fotoshooting im Januar 2023.

Die aktuelle Seniorenmannschaft von Salia Sechtem beim Fotoshooting im Januar 2023.

Foto: Salia Sechtem

Heimatnahes Sportangebot

Bei Salia, betont er, wird zu 100 Prozent ehrenamtlich gearbeitet. Das ist eine Herausforderung. Zu spüren sei ein Rückgang bei der Jugend. Konnte der Verein vor zehn Jahren noch 16 Mannschaften vorweisen, darunter drei Mädchenteams, muss er heute laut Weiler bei der B- und der A-Jugend Spielgemeinschaften mit dem SV Vorgebirge oder dem SSV Walberberg bilden. Corona habe da Einfluss gehabt, aber nicht nur. Salia Sechtem lege es aber nicht auf Leistung an: „Wir wollen eher ein heimatnahes Sportangebot mit qualifizierten Trainern zur Verfügung stellen. Jedes Kind soll hier Fußball spielen können. Die Gemeinschaft guckt darauf, dass das Leistungsprinzip nicht Überhand nimmt.“

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