Vereinsleben in Wachtberg beleben Wenn die Leine am Fahnenmast klackert

Wachtberg-Ließem · Ließemer Vereine klagen im Ortsausschuss über schwindenes Engagement und Interesse der Bürger. Zudem häufen sich Beschwerden.

 Weil die Seile an den Fahnmasten am Kriegerdenkmal in Ließem bei Wind gegen den Mast schlagen und störende Geräusche verursachen, musste Jörg Fischer immer wieder nachbessern.

Weil die Seile an den Fahnmasten am Kriegerdenkmal in Ließem bei Wind gegen den Mast schlagen und störende Geräusche verursachen, musste Jörg Fischer immer wieder nachbessern.

Foto: Axel Vogel

Es ist eine kardinale Frage auch für manche andere Orte in Wachtberg, mit der sich der Ließemer Ortsausschuss am Donnerstagabend im Köllenhof beschäftigte: Wie kann man das Vereinsleben im Ort beleben? Darüber diskutierten Vertreter des Ortsausschusses um den Vorsitzenden Jörg von Wülfing mit Ehrenamtlern des Vereins zur Förderung der historischen Kirmes in Ließem sowie der ortsansässigen Sankt Sebastianus-Schützenbruderschaft Ließem.

Denn die vielerorts zu hörende Klage über wegbrechendes Engagement setzt konkret dem Vereinsleben in Ließem stark zu: Stephan Brodeßer, Vorstand des Kirmesvereins, brachte es bei seinen Schilderungen so auf den Punkt: „Der Trend geht dahin, dass man aufs Land zieht und dann seine Ruhe haben will.“ Hinzu kommt aus Sicht von Brodeßers Mitstreiter Jörg Fischer noch ein weiterer Punkt: Zunehmend mehr Mitbürger haben an traditionellen öffentliche Veranstaltungen etwas auszusetzen, rufen das Ordnungsamt auf den Plan und machten Ehrenamtlern wie ihm das Leben zunehmend schwer.

Eine Zuhörerin, die das Thema auch mit auf die Tagesordnung befördert hatte, brachte die veränderte Situation auf den Punkt: „Ich bin vor 17 Jahren hierhin gezogen, und da gab es mehrere Vereine mit einem tollen Vereinsleben, das den Ort geprägt hat.“ Exemplarisch verwies sie auf die Scheunenkirmes und das sogenannte Studio während der Fußballweltmeisterschaft. Manche Veranstaltung gebe es jetzt aber nicht mehr, und das empfindet die Ließemerin als „tragisch“. Brodeßer kann das ganz einfach erklären: „Es ist inzwischen ein Problem, Leute zu finden, die verbindlich mitmachen wollen.“

Brodeßers Schwester Ursula Rosenbaum kritisierte zudem, das auch längst nicht mehr alle Veranstaltungen angenommen würden. Beispielsweise das Aufstellen des Mai-Baums. „Da waren beim letzten Mal nur Alt-Eingesessene dabei.“ Offizielle habe sie auch keine ausmachen können. Ein Zuhörer rief aber auch in Richtung der Vereine zu überdenken, dass die Veranstaltungen immer auch „eine Frage von Angebot und Nachfrage“ seien. „Es müssen erst einmal Kinder angesprochen werden, dann kommen auch die Eltern.“

Doch dem hielt der Brudermeister der Sankt Sebastianus-Schützenbruderschaft Ließem, Andreas Körfer, entgegen: „Es geht bei uns nicht modern.“ Man schieße schlicht und ergreifend auf Scheiben und feiere Schützenfeste mit einem Umzug. 2019 habe es ein großes Bezirksschützenfest im Köllenhof mit 20 Bruderschaften gegeben: „Die Einheimischen dort konnte man an einer Hand abzählen, auch bei dem Umzug.“

„Die Tradition stirbt aus“

Für Körfer ist klar: „Die Tradition stirbt aus, und es darf sich keiner beschweren.“ In dem Zusammenhang bestätigte Stephan Brodeßer vom Kirmesverein: „Auch die Teilnahme am Martinszug war beschämend.“

Für den Ließemer Jörg Fischer, der sich ehrenamtlich ebenfalls viel einbringt, lange Zeit auch als Führungskraft in der Niederbachemer Löschgruppe, identifizierte eine weitere unheilvolle Entwicklung: „Wir haben noch mit einem gesellschaftlichen Problem zu kämpfen. Ehrenamtler bekommen bei ihrer Arbeit so viele Knüppel zwischen die Beine geschmissen, dass sie die Lust verlieren.“

Fischer nannte zwei Beispiele: Nach dem Martinsfeuer 2021 auf dem Gelände eines Ließemer Gartenbauunternehmens hatte es anschließend Beschwerden gegeben, weil das Feuer noch nicht ganz aus war und angeblich im Garten aufgehängte Wäsche verunreinigt habe. Folge: In vergangenen Jahr musste das Martinsfeuer sozusagen umziehen, und zwar auf die Fläche eine Niederbachemer Landwirtes, so Fischer. Der bekam dann auch Rückfragen vom Wachtberger Ordnungsamt, wegen zwei Fahnen, die er anlässlich des Ukrainekrieges zur Mahnung gegen Krieg am Kriegerdenkmal aufgehängt hatte.

Es gab nämlich Beschwerden von Nachbarn: „Das Fahnenseil schlug im Wind gegen den Mast und verursachte ein Klackern“, so Fischer. Wiederholt musste er daher das Seil nachspannen, beziehungsweise Keile anbringen, um das Klackern abzustellen: „Irgendwann hat man dann keine Lust mehr.“ Der Vorsitzende des Ortsausschusses, von Wülfing, konnte die Gemütslage bestens verstehen: „Wenn die Vereine eines Tages nichts mehr machen, ist das Geschrei wie in Berkum groß.“

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