TÜV-Bericht Fünf Fahrstühle wurden in Bonn gesperrt

BONN · Das kann in den modernsten Aufzügen passieren: Die 17-köpfige Besuchergruppe, darunter Landgerichtspräsidentin Margarete Gräfin von Schwerin und mehrere Richter, steckten fest. Eine Dreiviertelstunde mussten sie im vergangenen Sommer in einem gläsernen Aufzug ausharren, bis sie endlich befreit wurden. Das ist noch längst kein Mangel, wenn, wie in diesem Fall, eine Bremse ausgelöst wird und der Aufzug zwischen den Etagen stehen bleibt.

 Um Ausfälle zu vermeiden, werden die Fahrstühle im Bonner Stadthaus regelmäßig gewartet.

Um Ausfälle zu vermeiden, werden die Fahrstühle im Bonner Stadthaus regelmäßig gewartet.

Foto: Volker Lannert

Dennoch: Der TÜV Rheinland schlägt Alarm. Nach Auswertung von Aufzugsprüfungen des vergangenen Jahres stellt der Technische Überwachungsverein fest: In Bonn sind rund 60 Prozent aller Aufzüge mit Mängeln behaftet, fünf mussten 2012 sogar stillgelegt werden.

Von den Mängeln waren wiederum 52 Prozent lediglich "geringfügige" und fast acht Prozent "erhebliche bis gefährliche", so Horst Peters, Geschäftsfeldleiter für Aufzüge beim TÜV Rheinland und zuständig für den Raum Bonn.

Sorgen macht dem Experten vor allem die Mängelbeseitigung nach der Prüfung. Bei der Nachprüfung durch die Sachverständigen fallen leider immer noch viele Aufzüge durch, weil die Mängel schlicht nicht beseitigt wurden. "Wenn erhebliche oder gefährliche Mängel festgestellt werden, müssen die Defekte in einer festgelegten Frist oder je nach Fall sogar umgehend behoben werden. Dies wird in der Praxis teilweise sehr nachlässig gehandhabt", sagt Peters.

In Bonn sollen ebenfalls regelmäßig Aufzüge stecken bleiben, teilte Elke Palm vom Presseamt der Stadt mit. Genaue Zahlen konnte das Presseamt dazu allerdings nicht mitteilen. "Nur wenn die Feuerwehr aufgefordert wird Menschen zu befreien, rückt sie bei einem steckengebliebenen Aufzug aus", sagte Palm.

Viele Einrichtungen, Hotels und Kaufhäuser wollten sich hingegen gestern nicht zu ihren Aufzügen äußern. SinnLeffers gehört zu jenen, die offen damit umgehen. "Unsere Aufzüge werden regelmäßig gewartet, einer ist vor zwei Jahren komplett erneuert worden", so der für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Abteilungsleiter Stefan Meier. "Zwischenfälle können wir uns gar nicht erlauben. Wir haben ein Interesse dran, dass alles sauber läuft."

Die 15 Aufzüge im Stadthaus werden ebenfalls regelmäßig technisch kontrolliert. Die Aufzugsgruppe in die hohen Türme wird laut Elke Palm alle zwei, alle anderen Aufzüge monatlich gewartet. Palm: "Ich habe mich in den 32 Jahren, die ich hier arbeite, noch nie unsicher im Aufzug gefühlt." Insgesamt 29 Aufzüge gehören in den Zuständigkeitsbereich der Stadtwerke Bonn. "Das ist ein wichtiger Bestandteil der Barrierefreiheit in unserem Personennahverkehr", erklärt Stadtwerkesprecherin Veronika John.

Mindestens ein Mitarbeiter kümmere sich permanent um die Lifte. Oftmals steckten hinter Störungen jedoch weniger technische Defekte. "Die Lichtschranken an den Türen werden oft zugeklebt", nennt John ein Beispiel. In allen Aufzügen seien Notrufsysteme installiert - größtenteils sogar mit Videoüberwachung. Die Wartungen der Fahrstühle übernehmen die Stadtwerke selbst.

Für die Aufzüge im Posttower gehört diese Leistung zum Servicepaket des Herstellers. Gleich vier Mal im Jahr kommt er zur Kontrolle in das Gebäude. Zusätzlich überprüft der TÜV Rheinland einmal im Jahr die Anlage. Alle zwei Jahre führen die Experten eine Hauptprüfung durch. "Der Vorfall aus dem vergangenen Jahr ist ein Einzelfall", versicherte Anne Motz, Sprecherin des Konzerns.

Kurz gefragt: Frank Ehlert, Pressesprecher Industrie Service beim TÜV Rheinland:

Ist es gefährlich, einen Aufzug zu nutzen?
Ehlert: Wenn die Anlage vorschriftsgemäß jährlich durch eine zugelassene Überwachungsstelle für Aufzüge, wie zum Beispiel TÜV Rheinland, geprüft und regelmäßig fachmännisch von einer Aufzugsfirma gewartet wird, ist der Aufzug weiterhin ein sicheres Transportmittel.

Was zeigt den Nutzern, dass ein Aufzug sicher ist?
Ehlert: Eine aktuelle Prüfplakette im Aufzug zeigt, dass die Sicherheit von einer zugelassenen Überwachungsstelle überprüft wurde. Aber Achtung: Es gibt keine Verpflichtung, dass das Anbringen einer Plakette im Aufzug vom Betreiber akzeptiert werden muss. Aufschluss gibt letztendlich nur die aktuelle Prüfbescheinigung, die der Betreiber von seiner Prüforganisation erhält. Der allgemeine Wartungszustand ist vom Laien nur schwer von außen zu beurteilen, aber dafür gibt es ja die TÜV-Prüfungen.

Ist die hohe Quote alarmierend?
Ehlert: Die Mängelquote für Bonn ist hoch, aber immerhin noch besser als der Bundesdurchschnitt. Besorgniserregend sind vor allem die Anzahl der erheblichen und gefährlichen Mängel, also solche, die eine konkrete Gefährdung für Menschen mit sich bringen können. Wir wären froh, wenn sich diese Zahl im laufenden Jahr reduzieren ließe. Hier sind die verantwortlichen Betreiber und die betreuenden Aufzugsfirmen am Zug.

War die Änderung der Betriebsverordnung 2003 sinnvoll?
Ehlert: Die Änderungen durch die Betriebssicherheitsverordnung im Jahr 2003 führten zwar zu dem gewünschten Wettbewerb, aber aus unserer Sicht nicht zu einer Verbesserung der Sicherheit von Aufzugsanlagen.

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