Amt für Bodendenkmalpflege Herausragende Stücke aus dem Boden der Stadt werden ausgestellt

BONN · Nicht nur die Frau von heute hat einen "Schuhtick". Pantoffeln, Sandalen, Hausschuhe, mal mit hölzernem Absatz, mal Kinderschuhe mit einer kleinen Schnalle gehörten schon im Mittelalter zur Garderobe der feinen Gesellschaft. "Hunderte Schuhe haben wir in dem zugeschütteten Wassergraben eines Ritterguts gefunden", freut sich Gabriele Uelsberg, Direktorin des Landesmuseums Bonn.

 Ausgrabung am Bonner Legionslager: Fast zwei Meter hoch ist die Mauer eines Wirtschaftsgebäudes, an der Grabungsleiterin Stefanie Baumgarten vorsichtig die Kelle ansetzt.

Ausgrabung am Bonner Legionslager: Fast zwei Meter hoch ist die Mauer eines Wirtschaftsgebäudes, an der Grabungsleiterin Stefanie Baumgarten vorsichtig die Kelle ansetzt.

Foto: LVR

Die sorgsam gesäuberten und getrockneten Exemplare, die dort in einer Vitrine ausgestellt sind, gehören zu den Fundstücken, die vergangenes Jahr bei den rund 400 Ausgrabungen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland zutage gekommen sind.

Dabei müssen die Archäologen bei ihrer Arbeit oft einen langen Atem haben. "Vieles von dem, was wir schon vor Jahren gefunden haben, können wir erst jetzt wissenschaftlich zuordnen", erklärte Uelsberg, bei der Vorstellung der Exponate. "Es ist immer wieder faszinierend, wie wir alte Funde mit modernen Methoden neu bewerten können." Dazu zählen auch aktuelle Forschungsergebnisse zum Doppelgrab von Oberkassel. Schon 1914 bei Steinbrucharbeiten entdeckt, belegten erst im vergangenen Jahr modernste Genanalysen, dass die Domestikation des Hundes im eiszeitlichen Europa stattfand.

Auch die Grabungen im Bonner Legionslager brachten überraschende Erkenntnisse. Neben der Marie-Kahle-Gesamtschule legten Archäologen auf einer Fläche von rund 3000 Quadratmetern Fundamente einer römischen Mauer von fast zwei Metern Höhe frei. Zusätzlich fanden sich Teile einer reich ausgestatteten Unterkunft der 8. Kohorte sowie angrenzende Wirtschaftsgebäude. Anhand dieser Fundstücke haben die Wissenschaftler jetzt Einblicke in das Leben und Arbeiten der römischen Legionäre von der Holzbauphase im ersten bis zur Aufgabe des Lagers im vierten Jahrhundert.

Abgeschlossen wurden vergangenes Jahr die Untersuchungen der frühmittelalterlichen Siedlung in Bechlinghoven. Klar ist jetzt: Sie ist mit 94 Gebäudegrundrissen eine der größten Siedlungen der Merowinger in Deutschland (der GA berichtete). Mit der Auswertung aller Fundstücke hoffen die Wissenschaftler nicht nur mehr über das Leben in dieser Siedlung zu erfahren, sondern zusätzlich noch wertvolle Erkenntnisse über die Entwicklung der frühmittelalterlichen Siedlungskeramik im Rheinland zu gewinnen.

Auf einem 205 Hektar großen Areal in Euskirchen-Großbüllesheim gruben die Bodendenkmalpfleger ein römisches Landgut mit zugehörigem Friedhof aus. Dort setzte man im zweiten Jahrhundert zwei Verstorbene in einem ummauerten, rechteckigen "Grabgarten" bei. Als Beigabe wurde ein reliefverzierter Jagdbecher entdeckt. Ein ganz besonders herausragendes Stück ist allerdings der kleine Sarg eines etwa fünfjährigen Kindes, der bei Arbeiten in Xanten freigelegt worden war. Neben menschlichen Überresten enthielt das Tuffsteingefäß eine Vielzahl bisher einmaliger Grabbeigaben wie Werkzeug, Spielzeug und "Strigilis", ein Schabeisen zur Körperpflege. Auch dieses Exponat ist im Landesmuseum an der Colmantstraße in Bonn zu sehen.

Seit vergangenem Jahr ist die Arbeit der Archäologen und Bodendenkmalpfleger in NRW einfacher geworden. "Das wichtigste Ereignis 2013 war für uns die Verankerung des Verursacherprinzips im Denkmalschutz", erklärte Jürgen Kunow, Leiter des Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, am Montag im Landesmuseum. Demnach müssen sich Bauherren in wirtschaftlich zumutbarem Rahmen an den Kosten notwendiger Ausgrabungen beteiligen. Zudem muss Wissenschaftlern der Zugang zu nicht eingezäumten Bereichen (Ackerflächen oder Wald) jederzeit gewährt werden.

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