Schweigegang wider das Vergessen in Beuel

Initiative gegen Fremdenhass erinnerte an das mörderische Treiben der Nazis in der Reichspogromnacht

Schweigegang wider das Vergessen in Beuel
Foto: Max Malsch

Beuel-Mitte. Den Opfern von Rassismus und Gewalt der Pogromnacht des 9./10. November 1938 gedachten mehr als 250 Teilnehmer eines Schweigegangs durch Beuel. Die Beueler Initiative gegen Fremdenhass hatte dazu aufgerufen.

In strömenden Regen bewegte sich der Zug vom Treffpunkt Beueler Rathaus, wo ein Tuch mit den Namen mehrerer Hundert ermordeter Bonner Juden gezeigt wurde, zum Platz der früheren Synagoge an der Siegfried-Leopold-Straße. Etta Fennekohl von der Initiative erinnerte an die Verbrechen der Nazi-Diktatur.

Die Reichspogromnacht sei eine vom nationalsozialistischen Terrorregime organisierte und gelenkte Zerstörung von Einrichtungen jüdischer Bürger im gesamten ehemaligen Deutschen Reich gewesen. Mehr als 1 400 Synagogen, Betstuben und jüdische Friedhöfe seien zerstört worden. Hinzu kamen Tausende jüdischer Geschäfte und Wohnungen. Mehr als 400 Menschen seien zwischen dem 7. und 13. November 1938 ermordet oder in den Selbstmord getrieben worden. "Die Erinnerung hieran ist unauslöschlich. Ein Vergessen kann es nicht geben", mahnte Fennekohl.

Der evangelische Pfarrer Christoph Nicolai sah in den Pogromen des 9. November den Übergang der 1933 begonnenen Diskriminierung der deutschen Juden zur systematischen Verfolgung, die etwa drei Jahre später im Holocaust ihren Höhepunkt fand. "Um den 10. November 1938 herum wurden ungefähr 30 000 Juden in Konzentrationslagern gefangen gehalten", rechnete Nicolai vor, von denen Hunderte ermordet wurden oder an den Folgen der Haft starben.

In Bonn, Bad Godesberg, Beuel, Mehlem und Poppelsdorf brannten Synagogen, Geschäfte, Wohnungen und jüdische Einrichtungen am Tag des 10. November 1938. Der entsprechende Befehl hierzu war bei der Gestapo erst um Mitternacht des Vorabends eingegangen, so dass SS-Leute aus dem Umland erst am Folgetag ihr mörderisches Treiben beginnen konnten. An den folgenden Tagen wurden damals viele jüdische Bonner Männer verhaftet und im Konzentrationslager Dachau inhaftiert.

Nach einer Schweigeminute setzten die Teilnehmer ihren Schweigegang Richtung Junges Theater in der Hermannstraße fort. Hier erwartete sie eine Lesung von Texten, die neun Schüler der Theater-AG des Helmholtz-Gymnasiums Duisdorf vortrugen.

Die jungen Akteure boten unter der Leitung von Theaterpädagogin Silvia Stroh 15 Texte an, die von Schülern der Jahrgangsstufen acht bis elf des Amos-Comenius-Gymnasiums Bad Godesberg verfasst worden waren.

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