Prozessauftakt in Bonn Angeklagter gesteht Brandstiftung im Stadthaus

Bonn · Vor dem Bonner Landgericht muss sich ein 26-Jähriger verantworten: Er soll Ende Oktober 2019 zwei Feuer im Stadthaus gelegt haben. Angeklagt ist er aber nur in einem Fall.

 Rettungskräfte eilten am 28. Oktober 2019 zum Stadthaus – zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage.

Rettungskräfte eilten am 28. Oktober 2019 zum Stadthaus – zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage.

Foto: dpa/Ralf Klodt

Im Oktober vor einem Jahr musste das Bonner Stadthaus mit 1500 Mitarbeitern zweimal evakuiert und die halbe Innenstadt gesperrt werden. Innerhalb von fünf Tagen war zweimal Feueralarm im dritten Untergeschoss – unterhalb des Parkdecks – ausgelöst worden. Sieben Tage später wurde ein Mann (26) festgenommen, der damals Mitarbeiter einer beauftragten Reinigungsfirma war – und zum Putzen einen Zentralschlüssel besaß. Angeklagt wurde der Putzmann später ausschließlich wegen der versuchten Brandstiftung in einem Archivraum am 24. Oktober 2019; der zweite Vorfall am 28. Oktober wurde – da nichts Gravierendes passiert war – nicht weiter verfolgt. Die Motive des Täters blieben damals mysteriös: Denn der Angeklagte hatte seine Tat zwar eingeräumt, aber über die Gründe hatte er geschwiegen.

Beim Prozessauftakt vor dem Bonner Landgericht legte der Angeklagte nun ein Geständnis ab und sprach über seine psychischen Nöte. An jenem Tag, als er ein Feuer im Untergeschoss gelegt habe, habe er „großen Stress“ erlebt, erzählte der Angeklagte. Er ist von Geburt an schwerhörig und gilt damit zu 55 Prozent als schwerbehindert.

Einer Kollegin der Putzkolonne habe er ein Versprechen gegeben, dass er wegen eines Problems mit dem Gehalt mit der Chefin sprechen werde. Das sei ihm dann aber unangenehm gewesen, es habe ihn komplett überfordert. „Um Druck abzubauen“ sei er daraufhin ins dritte Unterdeck gefahren, habe den Archivraum aufgeschlossen, einen Aktenordner rausgeholt, eine Seite Papier angezündet und zurück ins Regal gestellt.

„Ich habe gedacht, das gäbe nur eine Kokelei, weil das Metallregale waren“, erklärte der Angeklagte. Auch sei ihm bewusst gewesen, wenn er den Archivraum nicht wieder verschlossen hätte, hätte er viele „Menschenleben gefährdet“. Das aber habe er nie beabsichtigt.

Tatsächlich breitete sich das Feuer schnell aus, verrußte den Raum komplett und ließ die Kunststoffhalterung einer Neonröhre an der Decke schmelzen. Größerer Schaden jedoch konnte verhindert werden, weil die Brandmelder sofort Alarm schlugen – und die Feuerwehr mit 70 Einsatzkräften schnell vor Ort war. Die Schadenssumme wird von der Stadt Bonn mit „fünfstellig“ angegeben.

Der 26-Jährige ist bereits wegen zahlreicher Brandstiftungen verurteilt. Wenige Monate vor der Brandlegung im Stadthaus hatte er gerade eine zweieinhalbjährige Jugendstrafe abgesessen. In der Vergangenheit hatte der Angeklagte, der sich als Einzelgänger und immer gehänselt fühlte, wiederholt Autos in Brand gesetzt, in einem Fall sogar einen Lkw mit Anhänger. In allen Fällen sei psychischer Druck oder auch exzessiver Alkoholgenuss der Auslöser gewesen. Nach dem Anzünden habe er sich – wie auch nach dem Stadthausbrand – „ein bisschen erleichtert“ gefühlt.

Nach der Festnahme im Oktober wurde der Angeklagte sofort in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Auch darüber, so sein Verteidiger – sei er erleichtert gewesen. Heute jedoch sei sein Gesundheitszustand wieder stabil.

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