Sommerwald an der Waldau Biologische Station bietet Naturerlebnis-Spaziergang

VENUSBERG · Der Duft von Erde und Holz, Vogelgesang und Insektensummen, der leichte Wind auf der Haut - man muss den Wald nicht sehen, um ihn zu erleben. Man muss nur hinaus gehen, und deshalb hatte sich Marga Roick für den Naturerlebnis-Spaziergang der Biologischen Station in den Sommerwald an der Waldau angemeldet.

 Blind den Wald erleben: Die 93-jährige, stark sehbehinderte Marga Roick spürt die Raupe auf ihrer Hand.

Blind den Wald erleben: Die 93-jährige, stark sehbehinderte Marga Roick spürt die Raupe auf ihrer Hand.

Foto: Stefan Knopp

"Ich habe nur noch fünf Prozent Sehkraft", teilte die 93-Jährige den anderen Teilnehmern mit. Sie sehe nicht viel, aber Baumstämme und Sonnenlicht könne sie wahrnehmen. "Ich mag die frische Luft im Wald." Rausgehen ist wichtig für die Bewohnerin eines Seniorenheims, "sonst versauert man".

Zu Beginn der kleinen Kottenforstbegehung hatten die anderen Naturinteressierten Gelegenheit, den Wald einmal so zu erfahren wie sie: Die Naturpädagogin Astrid Mittelstaedt von der Bio-Station hatte Augenbinden mitgebracht. Dann wurden sie mit verbundenen Augen an einer Leine ein Stück weit auf dem Weg in den Wald hinein geführt.

Vor allem die Kinder kommentierten angeregt, wie sie sich dabei fühlten. Es war weniger ein Lehrspaziergang oder eine Wanderung als eine wirkliche Walderfahrung. Was ist am Wegesrand? Mistkäfer zum Beispiel, die ihrer Arbeit nachgingen. "Die machen Kugeln aus Mist und rollen sie", wusste Helen (7). Da hinein legt der Käfer seine Eier ab, erklärte Mittelstaedt.

Oder die Hummel, die ihrem Lebensende entgegen ging, nachdem das Thema Fortpflanzung erledigt war. Der Unterschied zur Biene? "Die Hummel sticht nicht, sondern zwickt", erklärte Tim (9). Mit Lupenbechern gingen Kinder und Erwachsene auf Krabbeltiersuche. Von der Assel bis zum Tausendfüßler war alles dabei.

Und die stattliche Raupe mit den Haaren und den rotbraunen Punkten auf dem Rücken. Was das wohl für eine ist? Das Schmetterlingsbuch brachte Aufklärung. Eins der Kinder hatte eine Schwammspinner-Raupe gefunden. Marga Roick konnte sie zwar nicht sehen, aber dafür umso besser fühlen, als Lisa Schäfer von der Bio-Station sie ihr auf die Hand setzte und das Tier ihren Arm hinauf krabbelte.

Die alte Dame war begeistert. Auf einem kleinen Pfad hatten Mittelstaedt und Schäfer ein paar kleine Plüschtiere versteckt, die die Teilnehmer ausfindig machen sollten. Die Tiere, das war es, was Jarno (8) vor allem mit den Wald verband. Daneben nannten die Kinder die Bäume, die Schatten spenden, wenn es heiß ist. Bei Edith Luther, die von ihrer Tochter im Rollstuhl mitgeschoben wurde, kamen Erinnerungen an ihre Kindheit in Hoholz auf.

"Im Wald haben wir Kinder uns großartig amüsiert", sagte sie. Und für die beiden chinesischstämmigen Teilnehmerinnen, die dort in einer großen Stadt gelebt hatten, war der Wald ein Ort der Ruhe und der Spaziergang darin wie Meditation.

"Naturerlebnis inklusiv(e)"

Jung, alt, geh- und sehbehindert, Deutsche und Nichtdeutsche - die Mischung der Gruppe entsprach dem, was sich die Biologische Station Bonn/Rhein-Berg auf dem Dransdorfer Berg im Rahmen ihrer Reihe "Naturerlebnis inklusiv(e)" vorgestellt hatte.

Die Angebote richten sich besonders an Behinderte und sind deshalb dank der Förderung durch die Aktion Mensch und durch das Bonner Spendenparlament kostenlos. Die nächste Aktion in der Veranstaltungsreihe ist das Filzen am Sonntag, 8. September.

Dann wird laut Programmheft im Pfarrgarten der Laurentiuskirche, Roncallistraße 27, in Lessenich, Schafswolle gezupft und fachmännisch verarbeitet.

Info: Die Aktion dauert von 15 bis 18 Uhr. Anmeldungen werden erbeten bis zum Donnerstag, 5. September, unter der Rufnummer 0228/2495799 oder per E-Mail an Inklusion@Biostation-Bonn.de.

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