Prozess in Bonn Polizist soll Radfahrer in Bonn ins Gleisbett gestoßen haben

Bonn · Vor gut einem Jahr landete ein alkoholisierter Radfahrer im Gleisbett des U-Bahnhofs. Nun muss sich Anfang kommenden Jahres ein Polizeibeamter wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

 In Bonn steht ein Polizist vor Gericht.

In Bonn steht ein Polizist vor Gericht.

Foto: dpa/Oliver Berg

Wurde der Mann gestoßen oder war der Sturz nur die Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände? Die Aufnahmen der Überwachungskamera ergeben offenbar kein eindeutiges Bild, aber nach längerer Ermittlungsarbeit ist die Staatsanwaltschaft nun von dem ersten Szenario überzeugt: Am Abend des 2. August vergangenen Jahres gegen 22.25 Uhr fiel ein Mann nach einem Stoß mit seinem Fahrrad auf das Gleisbett der U-Bahn-Haltestelle unter dem Bonner Hauptbahnhof.

Noch am Unfallort beschuldigte er einen auswärtigen Polizeibeamten, der an jenem Abend privat in Zivilkleidung ebenfalls auf dem Bahnsteig wartete, ihn auf die Gleise gestoßen zu haben. Voraussichtlich im kommenden Januar muss sich der 40-jährige Beamte nun vor einem Bonner Amtsrichter wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung verantworten, wie Amtsgerichtsdirektorin Birgit Niepmann am Mittwoch bestätigte.

Ein klares Bild des Geschehens gibt es indes noch nicht: Bereits wenige Tage nach dem Vorfall rief die Bonner Polizei etwaige Zeugen dazu auf, sich zu bei ihr zu melden. Laut Anklage soll der mit 2,6 Promille stark alkoholisierte Geschädigte, der der offenen Drogenszene angehören soll, vor dem Sturz in einen lauten Streit mit einem Unbekannten verwickelt gewesen sein.

Das habe der Angeklagte bemerkt und im Anschluss auch beobachtet, wie sich der 48-Jährige nach dem Ende der verbalen Auseinandersetzung auf sein Fahrrad schwang und entlang der Begrenzungslinie, die Bahnsteig und Gleisbett trennt, herumgeradelt sei. Daraufhin, so heißt es in der Anklage, sei der Polizist ebenfalls zu der Begrenzungslinie gegangen und habe versucht, den Radler anzuhalten. Weil ihm das nicht gelang, habe er mit dem rechten Arm ausgeholt und mit einem Stoß dafür gesorgt, dass der Mann das Gleichgewicht verlor und auf die Schienen stürzte.

Der 48-Jährige erlitt erhebliche Verletzungen: eine Schädelfraktur, die akut lebensbedrohlich war. Dazu kamen der Bruch des kleinen Fingers, eine Ellbogenprellung und Schürfwunden. Zunächst wurde der Verletzte ins Petruskrankenhaus gebracht, aufgrund der Schwere der Kopfverletzung aber dann in das Universitätsklinikum verlegt, wo er rund zwei Wochen lang stationär behandelt werden musste.

Direkt nach dem Sturz sprang der Angeklagte selbst in das tiefergelegene Gleisbett hinab und leistete dem Verletzten mit weiteren Passanten erste Hilfe. Gefahr durch eine eintreffende U-Bahn bestand zum Glück nicht.

Der Beamte meldete den Vorfall gleich am nächsten Arbeitstag seinem Vorgesetzen – wohl direkt mit dem Hinweis versehen, dass die Aufnahmen der Überwachungskamera das Geschehen möglicherweise nicht ganz eindeutig dokumentiert haben könnte. Er habe den Mann jedenfalls nicht gestoßen, sondern den alkoholisierten Radler nur an der Weiterfahrt entlang der Gleise hindern wollen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort