Kommentar Bunkermentalität: Zu den Schüssen in Ferguson

WASHINGTON · Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne. Ferguson war nach den Rassenunruhen im Gefolge der Erschießung eines jungen Schwarzen durch die Polizei gerade dabei, Konsequenzen zu ziehen - aus nachgewiesenem Fehlverhalten von Ordnungshütern und Justiz, das in seiner Dimension sprachlos macht.

Man kann es wirklich nicht anders sagen: Die Behörden in der Kleinstadt bei St. Louis haben die schwarze Bevölkerung über Jahre absichtsvoll wie Bürger dritter Klasse behandelt, regelrecht ausgeplündert und damit Recht und Verfassung gebeugt. Die zentrale Frage, wie sich dieser Hardcore-Rassismus in der DNA einer mehrheitlich schwarzen Stadtgesellschaft etablieren und geräuschlos halten konnte und ob es mit dem Austausch von ein paar führenden Köpfen getan sein kann, wird nun aber wieder in den Hintergrund treten. Schüsse auf Polizisten ersticken in Amerika jede Diskussion über den exzessiven Missbrauch von Macht. Schüsse auf Polizisten verhärten Frontverläufe. Sie bestätigen nicht nur in Ferguson verbreitete Vorurteile in der weißen Bevölkerung über die Schwarzen; auch wenn die Täter im aktuellen Fall noch nicht ermittelt sind. Die Folge wird eine Bunkermentalität sein. Wir gegen die. Mit der Furcht im Hinterkopf, Freiwild zu sein, schießen Polizisten (noch) schneller. Irgendwer muss die Wogen glätten, bevor es weiter eskaliert und Menschen sterben. Bundes- und Landesbehörden sollten Ferguson vorübergehend unter ihre Fittiche nehmen. Aus eigener Kraft wird die Stadt das Misstrauen und den gegenseitigen Hass kaum unter Kontrolle bekommen.

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