Grausam harmloses "Zauberbergmanifest"

Langmut haben die knapp 40 mitwirkenden Teilnehmer an dem von Franz-Josef Becker inszenierten Mitmach-Theater-Stück "Zauberbergmanifest" auf dem Gelände der Uni-Kinderklinik Bonn vorher schon gebraucht.

Bonn. Mut brauche man nun, verkündet eine Stimme im Therapiezentrum. Langmut haben die knapp 40 mitwirkenden Teilnehmer an der von Franz-Josef Becker in der Jugendstilvilla Eschbaum auf dem Gelände der Uni-Kinderklinik inszenierten Performance "Zauberbergmanifest" vorher schon gebraucht.

Beim Empfang hat man einen Zettel zur Erfassung von Vorerkrankungen ausgefüllt, einen weißen Kittel und einen Patientenpass erhalten und im Wartezimmer fast eine Dreiviertelstunde lang verharrt. Bis man endlich in einen stockfinsteren Raum gelangte, in dem Kinderstimmen von Krankheitserfahrungen erzählten.

Etwa so: "Ich habe Leukämie. Jeder dritte überlebt das." Nach diesem besten Moment der ganzen Vorstellung durfte man ein Schlaflied singen und ein Gebet sprechen, bevor es mit Mundschutz zum Marathontanz in einen mit Luftballons gefüllten Raum ging. Wer Glück hatte, konnte schon nach einer knappen Stunde weiterziehen zu diversen Untersuchungen und ins Labor.

Seine eigenen Ängste durfte man nach gut dreieinhalb Stunden verkorkster Todes- und Theaterunlust auf Zettel schreiben und draußen bei Lagerfeuerromantik verbrennen. Das gut gemeinte, intellektuell anspruchsvolle Konzept war derweil längst im Krebsgang auf antidramatischem, grausam harmlosem Theater-Geisterbahn-Niveau den Bach runter gegangen. Beifall für die ihr Thema völlig verfehlenden Vorstellung ist gescheiterweise nicht vorgesehen.

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