NRW hinkt im internationalen Vergleich Nur jede zehnte Schule hat Glasfaser-Internet

Exklusiv | Düsseldorf · Der Anteil von superschnellen Internetanschlüssen in NRW nimmt zu – auch bei Schulen, die mit Krankenhäusern eine besonders schlechte Ausgangslage hatten. Doch im internationalen Vergleich hinkt das Land weiter hinterher.

 Für schnelle Internetzugänge sind neue Leitungen mit Glasfasern nötig. Der Ausbau kommt allerdings nur schleppend voran.

Für schnelle Internetzugänge sind neue Leitungen mit Glasfasern nötig. Der Ausbau kommt allerdings nur schleppend voran.

Foto: dpa-tmn/Patrick Pleul

Der Ausbau superschneller Glasfasernetze kommt in Nordrhein-Westfalen nur schleppend voran – und in Gewerbegebieten geht es deutlich schneller als bei Schulen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Das Ziel ist eigentlich klar: Die Bundesregierung will bis 2025 dafür sorgen, dass Deutschland flächendeckend mit Gigabit-Netzen versorgt ist, also mit einer Internetgeschwindigkeit von mindestens 1000 Megabit pro Sekunde. Die leistungsstärkste Technologie sind dabei Glasfaseranschlüsse, die bis zur Wohnungstür (FTTH) beziehungsweise zumindest dem Gebäude (FTTB) verlegt werden (siehe Infokasten). In ihrer Gigabit-Strategie hatte sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, bis 2025 mindestens 50 Prozent der Haushalte in NRW so anzuschließen.

In NRW nur rund 15 Prozent der Haushalte versorgt

Doch sollte das Ausbautempo nicht erhöht werden, droht dieses Ziel zu scheitern: Zwischen Ende 2018 und Ende 2020 stieg der Anteil der FTTH-/FTTB-Haushalte in NRW zwar um knapp 60 Prozent. Insgesamt sind aber nur rund 15 Prozent der Haushalte mit Glasfaser versorgt. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte noch im Mai betont, dass Nordrhein-Westfalen auf einem guten Weg sei. Bis 2023 könne man den Glasfaseranteil bei den Haushalten auf bis zu 40 Prozent mehr als verdoppeln. „Damit sind wir auf dem besten Weg, alle Haushalte bis 2025 flächendeckend an gigabitfähige Breitbandnetze anzuschließen.“

Die Grünen sind da weniger euphorisch. Für sie ist die Frage, ob das Wachstum der vergangenen Jahre bei den Anschlüssen überhaupt weiter gesteigert werden kann. Sollte das Ausbautempo auf diesem Niveau bleiben, dauert es laut dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, 25 Jahre, bis alle Bürger in NRW Glasfaseranschlüsse haben. Schuld seien auch Fehler aus der Vergangenheit. „Zehn verlorene Jahre holt man nicht von heute auf morgen auf“, sagte Oliver Krischer. Bund und Telekom hätten zu lange auf langsame Kupferkabel gesetzt.

Die Grünen fordern weniger Bürokratie

Die Partei fordert nun weniger Bürokratie beim Breitbandausbau. „Andreas Scheuer als zuständiger Minister muss das Bundesförderprogramm dringend entbürokratisieren“, so Krischer. Die Landesregierung müsse außerdem dafür sorgen, dass Bau- und Technikfirmen ein verstärktes Interesse hätten, um in NRW Schulen, Krankenhäuser und Gewerbegebiete an das Glasfasernetz anzuschließen.

Denn bei Schulen und Krankenhäusern sieht die Situation besonders schlecht aus. Der Ausbau geht hier zwar rascher voran, die Ausgangslage war aber auch sehr viel schlechter. Ende 2018 waren nach Angaben der Bundesregierung gerade mal 92 der 6320 Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen, was einer Quote von 1,5 Prozent entspricht. Inzwischen ist immerhin rund jede zehnte Schule und jedes zehnte Krankenhaus angeschlossen. Auffällig ist, dass der Ausbau der Glasfaserleitungen bei Gewerbegebieten sehr viel schneller vorangeht. Jedes dritte Gewerbegebiet war Ende 2020 versorgt – Mitte des Jahres war es nur jedes Fünfte. Laut NRW-Wirtschaftsministerium gingen inzwischen immerhin die Planungen etwa gleich schnell voran.

Der digitalpolitische Sprecher der Grünen im NRW-Landtag, Matthi Bolte-Richter, fordert dennoch einen „Genehmigungs-Turbo“ bei kommunalen Behörden für den Ausbau der digitalen Infrastruktur. „Genehmigungsverfahren müssen zwischen den Kommunen vereinheitlicht, gebündelt und vereinfacht werden“, sagte Bolte-Richter.

In der Wirtschaft sieht man die Probleme ganz ähnlich. Der Chef des Anbieters Deutsche Glasfaser, Thorsten Dirks, lobte im Gespräch mit unserer Redaktion zwar, dass Pinkwart auf Kommunen und Landkreise zugehe. Dirks sagt aber auch: „Wir brauchen viel schnellere, digitale Genehmigungsverfahren. Es schadet Deutschland, wenn es häufig bis zu einem Jahr braucht, bis der Bau neuer Trassen genehmigt wird, obwohl wir schon in Hunderten Kommunen aktiv waren und Musterverträge mitbringen.“ Aus seiner Sicht müsse der Bund im Telekommunikationsgesetz festlegen, dass es grundsätzlich erlaubt ist, bei Straßen und Wegen mit modernen Verlegeverfahren auf nur 40 oder 45 Zentimeter Tiefe zu graben. „Dabei wird der Asphalt kurz aufgefräst, dann kommt die Leitung rein und alles wird wieder ordentlich versiegelt.“

Dirks ist überzeugt, dass der ländliche Raum dadurch langfristig Vorteile haben wird gegenüber Städten: „Die Menschen leben abseits der relativ teuren Stadt und sind der Natur nahe, doch dank Glasfaser kommunizieren sie besser als viele Haushalte in der Stadt.“ In NRW lässt sich das bereits beobachten: In sechs Städten liegt der Glasfaser-Anteil bei mehr als 95 Prozent. Sie alle liegen im Münsterland. In Großstädten wie Duisburg, Essen oder Bonn liegt der Anteil der Gigabit-Anschlüsse dagegen nur zwischen 63 Prozent und 82 Prozent – wobei Gigabit-Geschwindigkeiten dabei häufig nur mit aufgerüsteten Kupferleitungen erreicht werden.

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