Fast alle Kinder bleiben in Pflegefamilien

Immer wieder sorgen Fälle von Kindesmisshandlung und Vernachlässigung bundesweit für Schlagzeilen, zuletzt in Bad Honnef. Oft müssen Kinder vor den eigenen Eltern geschützt werden. Der General-Anzeiger hat aktuelle Zahlen zur Situation der Heim- und Pflegekinder in Bonn zusammengetragen.

Fast alle Kinder bleiben in Pflegefamilien
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Bonn. Immer wieder sorgen Fälle von Kindesmisshandlung und Vernachlässigung bundesweit für Schlagzeilen, zuletzt in Bad Honnef. Oft müssen Kinder vor den eigenen Eltern geschützt werden. Der General-Anzeiger hat aktuelle Zahlen zur Situation der Heim- und Pflegekinder in Bonn zusammengetragen.

Wenn Kinder aus problematischen Familien in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben werden, dann bleiben sie meistens dort: Nach Auskunft des städtischen Presseamtes kehrt nur circa ein Prozent der Kinder in Bonn in ihre sogenannte Ursprungsfamilie zurück.

"Kinder, die in Obhut genommen werden müssen, werden je nach Alter in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht", sagt Elke Palm vom städtischen Presseamt. Dies geschieht meist bei Kindern, die bis zu zehn Jahre alt sind.

Dort werde festgestellt, welche Betreuung das Kind benötige, wie die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern zukünftig aussieht. Soll heißen, dass die Mitarbeiter sich zum Beispiel ein Bild davon machen, ob Abhängige eventuell durch ambulante Therapien clean werden und die Kinder dann wieder zu ihren Eltern zurückkehren können. "Oft müssen gerichtliche Entscheidungen herbeigeführt werden", so Palm.

Sollte sich die Situation in der Ursprungsfamilie nicht kurzfristig verbessern lassen, "erfolgt die Entscheidung über eine längerfristige Unterbringung. Bei kleinen Kindern vorrangig in einer Pflegefamilie".

Zurzeit leben 208 Kinder in 180 Pflegefamilien. Zum Vergleich: 336 Kinder und Jugendliche sind in Heimen untergebracht. "Für die allermeisten Kinder ist eine Pflegefamilie eine gute Form der Betreuung. Grundsätzlich gilt, je jünger ein Kind desto eher kommt eine Pflegefamilie in Betracht", sagt Jugendamtsleiter Udo Stein.

Zusätzlich ist es eine preiswertere Lösung: Die Kosten für die stationäre Unterbringung eines Kindes oder eines Jugendlichen in einem Heim liegen nach Auskunft des Jugendamtes zwischen 110 und 135 Euro pro Tag; sie richten sich nach dem individuellen Betreuungsangebot.

Die Unterbringung in einer Pflegefamilie kostet je nach Alter des Kindes und Jugendlichen zwischen 22 Euro (bis sechs Jahre) und 28 Euro (Jugendliche, die 14 Jahre und älter sind) pro Tag. Insgesamt hat die Stadt Bonn im vorigen Jahr rund 25 Millionen Euro für die stationäre Jugendhilfe in Heimen und Familien ausgegeben.

Doch nicht nur Kinder aus dem Stadtgebiet kommen bei Bonner Pflegefamilien unter. "Nach Absprache mit dem Fachdienst Adoption und Vollzeitpflege werden in Bonn Kinder aus anderen Städten aufgenommen", erklärt Palm. Andersherum funktioniert es genauso: Bonner Kinder werden auch außerhalb der Stadtgrenzen untergebracht.

27 Familien betreut ein Jugendamtsmitarbeiter, der in diesem Bereich tätig ist. Denn die Pflegefamilien werden nicht allein gelassen. Alle acht Wochen gibt es Pflegeelterntreffen, bei denen sich die Männer und Frauen austauschen und fortbilden können.

Doch nicht nur das: Nach Auskunft des Jugendamtes stehen die Mitarbeiter den Pflegeeltern unter anderem mit Rat und Tat beiseite, besuchen sie regelmäßig, unterstützen sie in der Zusammenarbeit mit der Ursprungsfamilie und helfen bei anstehenden Krisen. Bei älteren oder sehr problematischen Kindern ist die Unterstützung breiter aufgestellt: Eingesetzt wird zusätzlich ein Fachdienst, es gibt Einzelfallhilfe und sozialpädagogische Familienhilfe.

"In besonders schwierigen Fällen besteht eine Zusammenarbeit mit einem Psychologen der städtischen Erziehungsberatungsstelle", so Palm.

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