Förderkinder drängen an die Gesamtschulen

BONN · Diskussion über Inklusion an weiterführenden Schulen: Das Elterninteresse an Gymnasien, Real- und Hauptschulen ist sehr gering.

Als zu schön, um derzeit wahr zu sein, entpuppte sich das Motto der Podiumsdiskussion, zu der die Bonner CDU ins Beueler Rathaus geladen hatte. "Inklusion an allen weiterführenden Bonner Schulen - warum nicht?" hatten die Christdemokraten provokativ gefragt. Zwar waren bewusst nicht nur Förderkindereltern und -schulen eingeladen. Aber das Publikum bestand dann doch hauptsächlich aus Betroffenen.

Auf dem Podium stützten sich Bonns CDU-Kreisvorsitzender Philipp Lerch, der Inklusionsbeauftragte der Landtagsfraktion Michael Solf und David Winands, Vorsitzender der Bonner Jungen Union, auf ihr viel gelobtes Landtags-Positionspapier "Inklusion im Bereich Schule".

Dem konnte Ingrid Gerber vom Verein "Gemeinsam Leben. Gemeinsam Lernen" ihren uneingeschränkten Respekt zollen. Und dann brachte in der von Martin Blachmann geleiteten Diskussion als Mutter Andrea Lehmann die realen Sorgen und Nöte der Betroffenen auf den Punkt: dass auch aktuell hiesige Förderkinder immer noch auf einem Meer der Ungewissheit trieben, weil kein Hafen, spricht kaum eine weiterführende Schule sie wolle.

Hier war Christoph Schürmann gefragt. "Wir müssen die Ausgrenzung minimieren, damit das Klinkenputzen der Betroffenen endlich aufhört", erklärte der Schulrat unter Beifall, legte aber dann die Fakten auf den Tisch. Gemäß einer aktuellen Abfrage der Bonner Stadtverwaltung bei Eltern von Viertklässlern, die in der Grundschule gemeinsamen Unterricht erhielten, hätten fast alle den Wunsch geäußert, ihr Kind auf einer Gesamtschule unterzubringen.

Zwar gingen im kommenden Schuljahr alle fünf Bonner Gesamtschulen mit gemeinsamem Unterricht an den Start, zwei der bisher hier schon aktiven Schulen auch mit erhöhten Förderkinderzahlen. "Aber trotzdem werden wieder eine Reihe Familien enttäuscht werden, weil das Mischungsverhältnis in den Klassen stimmen muss", so Schürmann. Und weil man dabei auch nicht den Bedarf von Familien aus dem Rhein-Sieg-Kreis stillen könne. Mike Kulhavy von der Integrierten Gesamtschule Beuel erläuterte dazu ganz praktisch, in welcher Schülerzusammensetzung integratives Lernen überhaupt Sinn habe.

Alle Bonner Hauptschulen werden im kommenden Schuljahr auch Förderkinder annehmen, führte der Schulrat weiter aus. Aber an diesen Plätzen und übrigens auch an Realschul- und Gymnasialplätzen seien nur wenige Eltern und Kinder interessiert. Es fehle hier eben an qualifiziertem Personal, so dass gerade an Gymnasien Ängste bestünden, mit den Anforderungen an den gemeinsamen Unterricht nicht fertig zu werden, war sich das Podium einig.

Außerdem gebe es viel zu wenige dafür zusätzlich nötige Sonderpädagogen - und letztlich zu wenig Geld. "Deshalb muss die Politik Druck machen", meldete sich als Mutter wieder Andrea Lehmann.

Anderseits dürften in dieser Diskussion die Förderschulen nicht verteufelt werden, ergänzte Michael Solf. Denn hier wende man sich gerade warmherzig, behütend und gleichzeitig fördernd behinderten Kindern zu.

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