Pflegerin fixiert Senior mit Mullbinden

Heim kündigt Mitarbeiterin nach zwölf Abmahnungen - Prozess vor Arbeitsgericht

Bonn. Wer betagte Angehörige in einem Seniorenheim unterbringen muss, vertraut in aller Regel auf die Zusage einer guten Pflege und Betreuung. Doch nicht immer ist Verlass darauf, wie jetzt bei einer Verhandlung im Arbeitsgericht Bonn vor der ersten Kammer deutlich wurde.

Eine Altenpflegerin hatte gegen ihre fristlose Kündigung geklagt, nachdem die Heimleitung des Hauses, in dem sie rund vier Jahre beschäftigt war, sie auf die Straße gesetzt hatte.

Die Vorwürfe, die die Personalleitung gegen sie vorbrachte, wiegen schwer: So soll die Pflegerin einen alten, bettlägerigen Mann nicht ordentlich gepflegt und ihn am Ende sogar mit Mullbinden an sein Bett fixiert haben. Das hatte das Fass zum Überlaufen gebracht, berichtet die Vertreterin der Personalabteilung, denn das sei strikt verboten. "Dafür benötigt man einen richterlichen Beschluss", sagt sie.

Der Anwalt der Klägerin entgegnet: Der behandelnde Arzt habe der Pflegerin geraten, den Senior ans Bett zu fixieren. Grund: Der Patient habe sich mehrfach seine Nasensonde, über die er ernährt werden musste, herausgezogen. Das hätte unter Umständen zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen können.

Die Beklagte schüttelt über diese Aussage nur den Kopf. Niemals würde ein Arzt so etwas ohne Rücksprache mit der Stationsleitung empfehlen, sagt sie. Die Klägerin habe eigenmächtig gehandelt. Allerdings unterstelle sie ihr keine böse Absicht, ergänzt sie später am Rande der Verhandlung, "die Frau war mit ihrem Job einfach überfordert".

Das habe sich schon lange abgezeichnet und sei auch in den zwölf Abmahnungen, die die Mitarbeiterin während ihrer Dienstzeit erhalten habe, dokumentiert. "Eigentlich hätten wir ihr schon längst kündigen müssen", räumt die Vertreterin des Seniorenheims ein.

Am Ende einigen sich die Parteien gütlich und schließen einen Vergleich: Der Frau wird ordentlich gekündigt und erhält eine Abfindung in Höhe von 2 500 Euro.

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