Verwaltung stößt an Grenzen Stadt Bonn will vorübergehend 80 neue Stellen einrichten

Bonn · Corona, Flutkatastrophe und jetzt die Geflüchteten aus der Ukraine: Das hat die Bonner Stadtverwaltung personell an ihre Grenzen gebracht. Um den neuen Aufgaben gerecht zu werden, will sie nun vorübergehend 80 Stellen einrichten.

 Die Stadt Bonn stößt personell nach eigenen Angaben an ihren Grenzen.

Die Stadt Bonn stößt personell nach eigenen Angaben an ihren Grenzen.

Foto: Benjamin Westhoff

Bei und 3400 Geflüchteten aus der Ukraine, die jetzt offiziell in Bonn gemeldet sind, stößt die Verwaltung an ihre Grenzen. Sie will deshalb vorübergehend bis zu 80 zusätzliche Stellen einrichten und besetzen – gut die Hälfte mit Sozialarbeitern. Die Kosten für dieses Jahr: 3,2 Millionen Euro. Das Geld soll außerplanmäßig bereitgestellt werden. Ob Bund und Land die Kosten kompensieren, das sei derzeit noch unklar.

Die Mitglieder des Hauptausschusses signalisierten nach längerer Debatte in der Sitzung am Donnerstagabend zwar Zustimmung, zeigten sich aber erleichtert darüber, dass sie bis zur Beschlussfassung im Rat nächste Woche die Vorlage, die recht kurzfristig auf den Tisch gekommen ist, noch beraten und dazu Fragen stellen können. Wie dringlich die Personalaufstockung ist, das schilderten Stadtdirektor Wolfgang Fuchs und Sozialdezernentin Carolin Krause: „Es ist mir unangenehm, Ihnen das so kurzfristig vorlegen zu müssen. Aber wir werden die zusätzlichen Aufgaben nicht mehr allein mit Bordmitteln in den Griff bekommen“, betonte Fuchs. Zwar könne die Verwaltung auf ihre Erfahrung mit den vergangenen Flüchtlingswellen zurückgreifen, „aber so, wie es jetzt ist, so kennen wir das nicht“, räumte der Stadtdirektor ein.

Er verwies darauf, dass überwiegend Frauen mit Kindern aus der Ukraine ankämen. Damals seien es vor allem alleinstehende junge Männer gewesen. Jetzt kämen zu den üblichen Abläufen bei Anmeldung und Terminen beim Ausländer- und Sozialamt auch noch die Suche nach Schul- und Kitaplätzen sowie die Betreuung der Familien mit oftmals sehr kleinen Kindern dazu. Zudem reisten sie – im Gegensatz zu der Flüchtlingskrise 2015/2016 – nicht gesteuert über die Bezirksregierung beziehungsweise die Landesaufnahmeeinrichtungen ein. Die Erfassung ihrer Daten und die Versorgung mit Unterkünften erfolge also hier in Bonn ohne jedwede Vorarbeit und gestalte sich auch aufgrund der Sprachbarriere aufwendig und schwierig.

Das vorhandene Personal in der Stadtverwaltung sei obendrein teilweise immer noch mit Aufgaben im Rahmen der noch andauernden Corona-Pandemie sowie der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr befasst. Daher sei die Einstellung von weiterem Personal zwingend notwendig, um die Vielzahl an neuen Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können. „Wir befinden uns in einer Riesenbelastungssituation unserer Mitarbeiter. Auch sie gilt es zu schützen“, machte Fuchs deutlich. Krause ergänzte, dieser Stellenbedarf beruhe auf einer Prognose von bis zu 3000 Geflüchteten. Da sich die Lage als äußerst dynamisch gestalte, könne eine genaue Entwicklung derzeit nicht abgeschätzt werden. Aktuelle Entwicklungen weisen Krause zufolge jedoch eine steigende Tendenz auf, welche weitere Stelleneinrichtungen notwendig machen könnten.

Krause macht sich allerdings mit Blick auf den generellen Fachkräftemangel insbesondere im Sozialbereich wenig Hoffnung, alle erforderlichen Stellen besetzen zu können. Deshalb wäre sie um jede Besetzung froh, zumal diese Personen später auf vakante unbefristete Stellen bei der Stadt Bonn wechseln könnten.

Unisono dankten die Hauptausschussmitglieder der Verwaltung für die bisher geleistete Arbeit. Man sehe zwar auch das viele Geld – immerhin 3,2 Millionen –, „aber wir haben natürlich auch großes Verständnis für diese Situation“, sagte Grünen-Vorsitzende Annette Standop. „Erst Corona, dann die Flutwelle und jetzt der Ukrainekrieg. Wir sehen ein, dass das die Verwaltung an ihre Grenze gebracht haben muss“, sagte CDU-Fraktionschef Guido Déus und sagte die uneingeschränkte Unterstützung seiner Fraktion zu. Jürgen Repschläger (Linke) nutzte die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass nach wie vor auch viele Flüchtlinge unter anderem aus Afghanistan und Syrien in Bonn betreut werden müssten und sich unter ihnen die Angst breitmache, dass der Fokus nur noch auf die Geflüchteten aus der Ukraine liegen könnte. Diese Sorge wies OB Katja Dörner (Grüne) als unberechtigt zurück.

Meistgelesen
Neueste Artikel
August Macke, Waldrand, Öl auf Leinwand,
Der Macke vom Müll
Neue Folge des Crime-Podcasts „Akte Rheinland“Der Macke vom Müll
Zum Thema
Aus dem Ressort
Ein seltener populistischer Akt
Kommentar zu den Bemühungen zur Abwahl von OB Dörner Ein seltener populistischer Akt