Bonner Kopf: Michael Faber Bonner hilft beim Wiederaufbau eines Museums in Rio

Bonn · Das „Museu Nacional“ in Rio de Janeiro ist 2018 abgebrannt. Der Bonner Michael Faber hilft dabei, es wieder aufzubauen. Im nächsten Jahr will er nach Brasilien reisen. Was er dort noch so vor hat, verrät er im Gespräch mit dem GA.

 Brückenbauer, der die Natur liebt: Michael H. Faber.

Brückenbauer, der die Natur liebt: Michael H. Faber.

Foto: Meike Böschemeyer

Ein einziges Wort genügt, schon rattert das Kopfkino los: Rio – das klingt nach Samba und Caipirinha, nach Zuckerhut und Christusstatue, nach den schicken „Cariocas“ (so nennen sich die Einwohner), die sich an der Copacabana präsentieren. Michael Faber assoziiert mit Rio jedoch etwas ganz anderes. „Ich denke an die kulturelle Vielfalt der Stadt, aber auch an die Menschen in den Favelas sowie die sozialen Ungerechtigkeiten“, überlegt der 68-Jährige nicht lange.

Im Juli 2022 wird er wahrscheinlich erstmals Rio besuchen. Denn der ehemalige „Vize“ des Freilichtmuseums in Kommern unterstützt als Berater seine brasilianischen Kollegen beim Wiederaufbau des „Museu Nacional“ in Rio de Janeiro. Das Nationalmuseum war 2018 – exakt 200 Jahre nach seiner Eröffnung – durch ein Feuer vollständig zerstört worden. Etwa 90 Prozent der Sammlung, darunter einzigartige Kollektionen aus der Vor- und Frühgeschichte sowie alter brasilianischer Völker, gingen dabei verloren.

Faber blickt bei der Konzeption vor allem auf Inklusion und Barrierefreiheit. „Wichtig ist zudem, durch den Einsatz der sozialen Medien Angehörige marginalisierter Bevölkerungsgruppen in die Museumsarbeit aktiv zu integrieren“, begründet der gebürtige Bonner sein Engagement. Ihm ist wichtig, dass Menschen aus allen Teilen der brasilianischen Gesellschaft von Anfang an einbezogen werden. „Das ist in der Museumswelt leider durchaus noch nicht Standard“, weiß er nur allzu gut.

Genau darauf hat der Kulturwissenschaftler bis zu seinem Ruhestand auch in Kommern wert gelegt. „Mein Ziel war, aus dem Häuser-Museum ein Menschen-Museum zu machen“, blickt er zurück. Unter seiner Regie wurde dort Geschichte lebendig. Nach einem kleinen Casting hatte er „en Schmitze Billa“ gefunden, auf öcher Platt erzählte Clara Fey den Besuchern vom Leben einer Ordensfrau im 19. Jahrhundert. Eine Herzensangelegenheit war ihm der „Jahrmarkt anno dazumal“, der immer noch ein beliebtes Event ist. Wie gut, dass er sich in seiner Dissertation an der Bonner Uni mit der Kulturgeschichte der Schaustellerei beschäftigt hatte. „Ich bin damals tatsächlich im Kirmeswagen mitgefahren. Ich habe Lose verkauft und als Schiffschaukelbremser gearbeitet. Daher hatte ich viele Kontakte, die halfen, diesen Jahrmarkt zu organisieren.“

Michael Faber, Jahrgang 1953, ist „ne echte Bönnsche Jung“. Im Herz-Jesu-Krankenhaus geboren, wuchs er in Poppelsdorf auf. Heute lebt er mit Ehefrau und Sohn in der Südstadt. An der Clemens-August-Schule lernte er lesen und schreiben und wechselte nach der vierten Klasse auf das Collegium Josephinum. Nach dem Abitur studierte er in Bonn Volkskunde, Völkerkunde sowie Kunstgeschichte.

Museen sind nach wie vor seine Leidenschaft. „Es gibt viele, die ich noch unbedingt besuchen will“, erzählt er. Sein Ziel ist, alle Freilichtmuseen in Europa zu besichtigen. Aber nicht nur dort. „In China sind in den letzten Jahren wirklich unglaubliche Häuser eröffnet worden. Beispielsweise in Shanghai. Da will ich unbedingt einmal hin.“ Vielleicht führt ihn seine internationale Museumsarbeit wirklich einmal in Richtung China. Faber ist unter anderem Mitbegründer des Internationalen Komitees für audiovisuelle Medien, neue Technologien und soziale Medien im Internationalen Museumsrat der Unesco. Darüber hinaus ist er Fachberater im Bereich „Safety and Security of Museums“.

Allerdings begeistert sich der Bonner nicht nur für Kunst und Kultur. Im Gegenteil: „Samstags findet man mich meistens auf dem Fußballplatz“, schmunzelt er. Dabei kickt er jedoch nicht selbst. „Nein. Ich beobachte meinen 14-jährigen Sohn, der für den FV Endenich im Tor steht.“

Seit jungen Jahren engagiert sich Michael Faber zudem in der Katastrophenhilfe des Malteser Hilfsdiensts. „Ich war einer der ersten, die zum Rettungssanitäter ausgebildet wurden“, berichtet er. Später baute er den MHD in Albanien auf und war lange Zeit auch der Präsident der dortigen Organisation. Nach wie vor engagiert er sich im internationalen Team. Aus der jahrelangen Arbeit im Katastrophenschutz hat er einen ganz besonderen Blick auf die Hochwasserkatastrophe in der Region. „Ich bin wirklich begeistert, wie freiwillige Helfer, Feuerwehren und Rettungskräfte über Tage hinweg bis zur Erschöpfung an der Ahr gearbeitet haben.

Aber gleichzeitig bin ich fassungslos, wenn ich sehe, wie sehr das Management versagt hat“, beklagt er. „Es gab Wettervorhersagen und ein entsprechendes Regenradar“, fügt er hinzu. „Unvorhergesehen war das Ereignis also nicht. Entsprechend reagiert hat man aber im Vorfeld nicht.“ Solche Unwetter gebe es bereits seit einiger Zeit. „Wir mussten in der Vergangenheit mindestens einmal im Jahr das Freilichtmuseum schließen, weil es für Kommern eine Unwetterwarnung gab.“

Derzeit liegt sein Augenmerk aber besonders auf der Planung des neuen Museums am Zuckerhut. Er hofft darauf, dass das Reisen im nächsten Jahr wieder möglich sein wird und er dann in Rio an einer internationalen Konferenz teilnehmen kann. Geht’s dann vielleicht auch an die Copacabana? „Ich werde mir das vielleicht mal anschauen. Aber eigentlich interessieren mich die Menschen und das Leben in der Stadt. Es wäre schön, wenn ich von einem Straßencafé aus alles beobachten kann. Die Sehenswürdigkeiten aus dem Reiseführer werde ich mir nur vereinzelt anschauen“, plant er schon den nächsten Sommer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort