Circus Roncalli Die 17-jährige Geraldine Philadelphia ist Artistin
BONN · Jonglieren kann Geraldine Philadelphia. In der Manege des Circus Roncalli, der zurzeit in Bonn gastiert, beweist die 17-Jährige das bei jeder Vorstellung.
Während ihrer Nummer wirbelt sie fünf Hula-Hoop-Reifen gleichzeitig durch die Luft und fängt jeden einzelnen sicher wieder auf. Doch im Moment muss Geraldine Philadelphia auch noch in ganz anderen Dingen eine schwierige Balance halten: Neben dem Zirkusalltag aus Proben, Auftritten und weiteren Proben macht die Artistin ihr Abitur.
Es ist Mittag. Die Ränge im Zirkuszelt sind leer. In der Manege macht Geraldine Philadelphia ihre Dehnübungen, wie jeden Tag. Am Morgen ist sie wie jeden Tag um neun Uhr aufgestanden und hat drei Stunden vor dem Computer verbracht. Ihr Abitur macht Geraldine am Westfalen-Kolleg Dortmund.
Anwesend muss die junge Artistin dort nur zweimal im Monat für jeweils zehn Stunden sein. Hausaufgaben können sie und ihre Klassenkameraden, zwei weitere Zirkuskinder, sich von einer Online-Plattform herunterladen. Dazu gibt es von den Lehrern eine Frist, bis wann die Aufgaben zurückgeschickt werden müssen.
"Ohne das Internet würde das alles gar nicht gehen", sagt Geraldine. Manchmal sei es schon schwierig, dass sie ihren Lehrern nicht einfach eine Frage stellen könne. Aber für sie ist das Online-Abitur die einzige Möglichkeit, parallel weiter als Artistin arbeiten zu können.
Um halb zwei fängt die Vorbereitung auf die Vorstellungen an. Zwischen den beiden Vorstellungen wird gegessen. Ins Bett kommt Geraldine meist nicht vor Mitternacht. "Nach dem zweiten Auftritt braucht man einfach erst einmal Zeit, um runterzukommen."
Schon von Kindesbeinen an ist Geraldine in der Roncalli-Manege zu Hause. Ihr Vater, Patrick Philadelphia, ist der Betriebsleiter des Circus Roncalli, die Mutter war Drahtseilartistin. Drei Monate verbringt die Familie in der Winterpause in ihrem Haus. "Am Anfang ist das eine schöne Erholung - nach einer Woche wird mir aber schrecklich langweilig." Auch wenn sie sich sicher ist, dass ihre Zukunft in der Manege liegt, will sie sich alle Möglichkeiten offenhalten. "Wer weiß, vielleicht möchte ich ja doch irgendwann studieren."
Obwohl der Vollzeitjob als Artistin und das Abitur eine doppelte Belastung sind: Ans Aufgeben will Geraldine nicht denken. "Es gibt schon Tage, an denen ich mich einmal nicht aufraffen kann und zu wenig mache", sagt sie. "Ich weiß aber, dass ich das auf jeden Fall will." Und für die Schule ein paar Jahre auf die Manege verzichten? "Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen."
Die 17-Jährige ist bereits eine gefragte Zirkuskünstlerin. 2011 gewann sie beim European Youth Circus Festival in Wiesbaden einen Sonderpreis, 2012 trat sie beim Nachwuchsfestival in Monte Carlo auf. In zwei Jahren wird sie ihre Abiturprüfungen machen. Bis dahin bleibt das Leben der 17-Jährigen eine Jonglage zwischen Manege und Mathematik.
Der "Circus Roncalli" gastiert noch bis Sonntag. 14. Juli, im Zelt an der Beethovenhalle. Karten gibt es bei Bonnticket oder in den Zweigstellen des General-Anzeigers und unter der Rufnummer 0228/53409904.
