Ehemaliger Bundestagsabgeordneter Anklage nach Angriff auf Hans Wallow in Bonn

Bonn. · Ein 44-Jähriger steht bald wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Er soll den SPD-Politiker Hans Wallow im vergangenen Dezember mit einer Gaspistole bedroht haben.

 Wurde in seiner Wohnung bedroht: Hans Wallow.

Wurde in seiner Wohnung bedroht: Hans Wallow.

Foto: Benjamin Westhoff

Welche Probleme er mit dem Existenzialismus hat, bleibt wohl mindestens bis zum Prozessauftakt sein Geheimnis: Er solle sich von Simone de Beauvoir und Jean-Paul-Sartre distanzieren, lautete die einigermaßen skurrile Forderung, die ein 44-jähriger Mann mit vorgehaltener Gaspistole an den SPD-Politiker Hans Wallow gerichtet haben soll. Voraussichtlich im Mai muss sich der ungebetene Gast nun vor der zehnten großen Strafkammer am Bonner Landgericht verantworten. Er soll den SPD-Politiker am 18. Dezember vergangenen Jahres in dessen Wohnung bedroht haben.

Die Anklage lautet auf versuchte gefährliche sowie vorsätzliche Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz. Wallow saß zwischen 1981 und 1983 sowie von 1990 bis 1998 für die SPD im Deutschen Bundestag; im Sommer 2019 wollte er für den Parteivorsitz kandidieren, wurde aber mangels Unterstützung nicht nominiert. Offenbar kannte der mutmaßliche Täter den Politiker aus Kindheitstagen: Es soll sich nach GA-Informationen um den Sohn eines Verlegers handeln, in dessen Verlag der heute 80-jährige Politiker in den 80er-Jahren ein Buch herausgegeben hatte.

Laut Anklage soll der studierte aber arbeitslose Informatiker bis zum Tatzeitpunkt in Österreich gelebt haben und sich am 13. Dezember auf eine Reise zu Verwandten in München und Koblenz begeben haben. Vier Tage später war er dann wohl in Bonn; bereits am 17. Dezember soll er nämlich erstmals mit dem Buch in der Hand an Wallows Tür geklingelt und um ein Gespräch gebeten haben. Der ließ ihn allerdings nicht in seine Wohnung, sondern beschied ihn, doch bitte telefonisch einen Termin zu verabreden.

Anstatt der Bitte nachzukommen, klingelte der Mann jedoch am folgenden Tag gegen 17.30 Uhr erneut an der Türe des Politikers. Diesmal gelang es ihm unter dem Vorwand, er müsse dringend die Toilette aufsuchen, Zugang in das Haus zu erhalten. Nur wenig später sah sich Wallow dann mit der eingangs erwähnten Forderung konfrontiert: Der 44-Jährige richtete aus einem halben Meter Entfernung die Mündung einer geladenen sogenannten PTB-Pistole auf den Kopf- oder Brustbereich des Politikers und drückte zweimal ab. Allerdings funktionierte die Gaspistole zum Glück des Attackierten offenbar nicht und so blieb der 80-Jährige zunächst unverletzt.

Als die Lebensgefährtin des Angegriffenen hinzukam, entwickelte sich ein Gerangel, in dessen Verlauf es dem Paar gelang, den ungebetenen Besucher zu Boden zu bringen und dort zu fixieren, bis die von der Frau benachrichtigte Polizei eintraf. Bei der Auseinandersetzung erlitt die 38-jährige Frau Verletzungen durch zwei Bisse in den Unterarm. In der Folge wurde laut Anklage noch ein sogenanntes „Butterfly-Messer“ bei dem Angreifer gefunden. Gegenüber dem GA hatte Wallow kurz nach der Tat geäußert, dass der Angreifer geklagt habe, dass die „Scheißpolitiker am Untergang des Abendlandes“ schuld seien und er sich freue, „endlich mal einen zu erwischen“. Ob der mutmaßliche Täter möglicherweise eingeschränkt schuldfähig ist, muss das Gericht entscheiden: Jedenfalls befindet sich der Mann, nachdem er zunächst in einer psychiatrischen Klinik untergebracht worden war, mittlerweile in Untersuchungshaft.

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