Wie Bonn ans Telefonnetz angeschlossen wurde

Erste Flatrate schon vor 125 Jahren - Start mit 17 Teilnehmern

Wie Bonn ans Telefonnetz angeschlossen wurde
Foto: Museum für Kommunikation Frankfurt

Bonn. Kaum zu glauben, dass die Hauptstadt von Post und Telekom mal um den Anschluss an das Telefonnetz kämpfen musste. Ausgerechnet Bonn musste vor 125 Jahren ein bisschen länger ausharren als der größere Nachbar Köln.

Stolz berichtete der unmittelbare GA-Vorläufer, die "Bonner Zeitung", am 9. November 1884 von der bevorstehenden Einrichtung eines Telefonnetzes in Bonn: "Mit dem morgigen Tage wird die Stadt-Fernsprecheinrichtung für Bonn seitens der Kaiserlichen Ober-Postdirektion in Köln mit 16 Theilnehmern eröffnet und somit ist es den Bemühungen der Bonner Bürgerschaft gelungen, die Postverwaltung dazu geneigt zu machen, auch unserer Vaterstadt die Vortheile der neuesten und wunderbarsten Verkehrseinrichtung zu Theil werden zu lassen."

Im Folgenden lobt die "Bonner Zeitung" die "außerordentliche Bequemlichkeit, welche diese neue Einrichtung" den Teilnehmern biete. "Während früher die Abschließung eines Geschäftes oder Ertheilung einer Auskunft in der Regel nur durch Boten oder auf schriftlichem Wege zu ermöglichen war, gestattet heute die neue Verkehrseinrichtung die Möglichkeit, daß die angeschlossenen Theilnehmer von ihrer Wohnung aus - ohne Rücksicht auf die Entfernung - in mündliche Unterredung zu treten im Stande sind, um somit geschäftliche und private Mittheilungen in kürzester Zeit in bequemster Weise auszutauschen."

Was für uns heute selbstverständlich erscheint, glich damals einer Sensation. Nur zum Vergleich: Nach einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie können sich heute 70 Prozent der unter 30-Jährigen kein Leben mehr ohne Handy vorstellen. Von Festnetzanschlüssen redet heute schon keiner mehr.

Doch damals waren die "Siemens'schen Telephone" eine Attraktion. Werner Siemens hatte diese Telefone im Auftrag von Generalpostmeister Heinrich von Stephan für die Reichspost gebaut. Wie das Museum für Kommunikation in Frankfurt berichtet, überzeugte sich von Stephan persönlich von der neuen Technik des berühmten Bell-Telefons.

Mit ihm wurde am 26. Oktober 1877 auch das erste Telefongespräch in Deutschland geführt, bevor Siemens in die Massenproduktion einstieg und die ersten Ortsnetze ausgebaut wurden.

Interessant, dass es schon Ende des 19. Jahrhunderts so etwas wie eine Telefon-Flatrate gab, nur unter anderem Namen. Die "Bonner Zeitung" erklärte das Gebührenmodell der Reichspost: "Die an das Vermittelungsamt in Bonn angeschlossenen Theilnehmer haben eine jährliche Gebühr von 150 Mark zu entrichten, während für die Berechtigung, unmittelbar mit Köln in telephonische Verbindung zu treten, ein weiterer Betrag von 100 Mark jährlich erhoben wird." Wer die jährliche Fernsprechgebühr für Köln nicht tragen wollte, zahlte für jedes Gespräch mit der Domstadt 50 Pfennig.

Die "Bonner Zeitung" listete die 16 ersten Teilnehmer und Anschlussnummern auf, fungierte also gewissermaßen als erstes Telefonbuch. Zu den Telefon-Pionieren gehörten die Gasfabrik (Nr. 5), die Güter-Expedition (Nr. 18), das Bonner Stadttheater (Nr. 29), die Mechanische Jute-Spinnerei (Nr. 36), das Hotel zum Goldenen Stern (Nr. 39), die Dampfschifffahrts-Agentur (Nr. 41), Oberbürgermeister Doetsch (Nr. 47), das Rathaus (Nr. 49) sowie B. Neusser/Bonner Zeitung (Nr. 40).

Tags darauf wurde ein 17. Teilnehmer nachgemeldet: die Porzellan- und Steingut-Fabrik Ludwig Wessel in Poppelsdorf.

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