Das Bonn Jazz Orchester im Pantheon Endlich wieder live auf der Bühne

Bonn · Das Bonn Jazz Orchester ist wieder da. Bei seinem glänzenden Comeback im Pantheon präsentierten sich viele der Musiker auch als tolle Solisten. Alle einte die Freude am Live-Erlebnis.

Volle Power: Das Bonn Jazz Orchester mit dem Solisten Frank Jacobi im Pantheon. 

Volle Power: Das Bonn Jazz Orchester mit dem Solisten Frank Jacobi im Pantheon. 

Foto: Benjamin Westhoff

Augen- und Ohrenreiben zu Beginn im Pantheon: Die Herren in Schwarz, die dicht an dicht auf der Bühne sitzen – es sind ausschließlich Herren –, sind seit ihrem letzten Auftritt noch vor Corona nicht nur drei Jahre älter geworden – was sie, zugegeben, mit dem Publikum im vollen Zuschauerraum teilen. Sie sind auch irgendwie biederer, braver, gemächlicher geworden. Ein Eindruck, der sich erfreulicherweise nur ein Dutzend Takte von „Body & Soul“ in einem Arrangement von Bob Florence hält. Denn nach dem artig swingenden Entree geht die Post ab, dreht das Blech auf, macht sich die Rhythmusgruppe bemerkbar. „Endlich dürfen wir wieder spielen“, sagt der Posaunist und Bandleader Oliver Pospiech.

Fast wieder ganz die Alten

Der Sound ist wieder voll da, die 17 Herren vom Bonn Jazz Orchester sind wieder ganz die Alten. Fast: Vom Neuzugang Frank Jacobi (Altsaxofon, Querflöte) wird noch die Rede sein, Einspringer Alex Stahl (Trompete) überzeugte mit seinen 23 Jahren auf der ganzen Linie. Zu Jacobi: Der brillante Altsaxofonist, unter anderem Mitglied der WDR-Bigband, glänzte gleich im zweiten Stück, „The Night Has A Thousand Eyes“ (Arrangement: Bill Holman), mit einem hinreißenden Solo, präzise, scharf wie ein Rasiermesser, schnell und sehr tricky. Er fügt sich perfekt in diesen Klangkörper ein, der etliche Klasse-Solisten in seinen Reihen hat. Den wunderbaren Torsten Thomas am Tenor etwa, der mit weichem, geschmeidigem Sound in „Snapshot“ von Paul Heller in einem Arrangement des ehemaligen Orchestermitglieds Dave Horler ein atemberaubendes Solo hinlegt und im Bossa „Sambanice“ für einen warmen Gefühlsschub sorgt. Der Trompeter Herwig Barthes begeistert mit seinem bedächtigen, spannungsvollen Spiel in „If You Could See Me Now“. Ob mit Wolfgang Engelbertz am Bass, Gösta Busch mit dem Piano, mit dem Posaunisten Pospiech, Shawn Spicer am Baritonsaxofon, dem Saxofonisten Thomas Heck oder dem Trompeter Hagen Fritzsche: Diese Bigband hat brillante Solisten in Hülle und Fülle. Es war viel los vor dem Solisten-Mikro am Bühnenrand.

Atmende Klangmaschine

Als wendige, atmende, soundmäßig unfassbar differenzierte und dynamische Klangmaschine groovte und swingte sich das Bonn Jazz Orchester durch den Abend, gab sich mal hart und aggressiv mit strahlendem, kalten Blech, hitzig in tänzerischer Ekstase oder war auch mal auf Samtpfoten unterwegs, mit wohlig gedämpften Posaunen, dem butterweichen Klang der Flügelhörner und säuselnden Saxofone. Das war in „If You Could See Me Now“ der Fall. Aber auch die exzellenten Nummern des Thad Jones Orchesters servierte die Bonner Band souverän und mit viel Esprit. Das sind Arrangements mit Witz und Dramatik, Stücke voller Überraschungen – wunderbar in Szene gesetzt vom Bonn Jazz Orchester. Das zog noch mal mit dem Standard „Lover Man“, dem Höhepunkt des Abends, und Jacobis Solo alle Register, bevor sich Jacobi und der Trompeter Fritzsche sich in „Groovin‘ High“ noch eine fulminante Battle lieferten.

Ein gelungenes Comeback mit vielen Entdeckungen. So kann das weitergehen. Aber nicht erst in drei Jahren.

Konzerttipp: Am 17. November spielt die Bigband der Bundeswehr im Pantheon.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Zum Thema
Klangvolle Bitte um Frieden
Die Missa in der Kreuzkirche Bonn Klangvolle Bitte um Frieden
Karnevalskabarett im Krisenmodus
Weniger Pink Punk Pantheon in Bonn Karnevalskabarett im Krisenmodus
„Ich bin fest in Bonn“
Reihe: Bonn International „Ich bin fest in Bonn“
Aus dem Ressort
Chaostruppe ohne Plan
In der Springmaus in Bonn-Endenich lassen Martin Reinl und Carsten Haffke die Puppen los Chaostruppe ohne Plan