Reaktionen der Wirtschaft Bonn/Rhein-Sieg nach US-Wahl "Nicht überstürzt handeln"

Bonn · Die ersten Reaktionen der Wirtschaft der Region Bonn/Rhein-Sieg auf den Wahlausgangreichen vom vorsichtigem Optimismus bis zu deutlicher Skepsis. Die Börse ist verunsichert

Die USA gehören zu einem der wichtigsten Exportzielen Deutschlands. Auch für viele Unternehmen der Region ist es ein wichtiger Markt.

Die USA gehören zu einem der wichtigsten Exportzielen Deutschlands. Auch für viele Unternehmen der Region ist es ein wichtiger Markt.

Foto: dpa

„Das ist ein Schlag ins Kontor“, sagte gestern der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, Hubertus Hille. in einer ersten Einschätzung des Wahlsieges von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen. Trump habe sich im Wahlkampf sehr deutlich gegen freien Handel positioniert.

„Für die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen ist es sicherlich kein gutes Ergebnis“, sagt Hille. Es sei schwer, die Berechenbarkeit Trumps einzuschätzen. Er habe sich dafür ausgesprochen, die Einwanderung in die USA einzuschränken. Das könne sich auch auf die global tätigen Konzerne negativ auswirken, die Personal in die USA entsenden wollten. Die Bedeutung der USA für die Wirtschaft der Region sei groß: Von 712 Firmen, die mehrheitlich in ausländischem Eigentum seien, hätten zwölf Prozent einen US-Eigentümer angegeben.

Der Vorstandsvorsitzende von Bayer, Werner Baumann, hob die Herausforderungen hervor, die auf den neuen US-Präsidenten warten: „Zum Beispiel kommt es jetzt darauf an, die Partnerschaft zwischen den USA und der EU weiter zu stärken.“

Gerade der Ausbau unserer Handelsbeziehungen sei für den Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks von entscheidender Bedeutung. Ein weiterer Schwerpunkt sollte nach Auffassung Baumanns sein, „das Gesundheitssystem in den USA so weiterzuentwickeln, dass mehr Patienten Zugang zu neuen und innovativen Therapien erhalten.“

Bei der Deutschen Post überwog vorsichtiger Optimismus: „Unser Unternehmen ist in den USA auf Wachstumskurs, und wir möchten diese Entwicklung auch nach der US-Wahl fortsetzen“, sagte Sprecher Dirk Klasen. Das Ziel sei, den globalen Handel weiter voranzutreiben. „Wir sind überzeugt, dass die USA dabei auch zukünftig eine konstruktive Rolle spielen werden.“

„Die drei P haben gesiegt: Populismus, Polarisierung und Politisierung der Ökonomie führen Donald Trump in das Amt des 45. US-Präsidenten“, sagte Carsten Wesselmann, Chefvolkswirt der Kreissparkasse Köln. Um 180 Grad werde sich die US-Politik nicht drehen. Das politische System sei stabil. Doch seiner Ansicht nach werden die Kapitalmärkte in nächster Zeit mit größeren Schwankungen reagieren. Seine Empfehlung sei „Ruhe bewahren und nicht überstürzt handeln“.

Telekom-Chef Timotheus Höttges hatte schon am Montag eine klare Haltung geäußert: Es werde sich zeigen, ob das Zeitalter des Postfaktischen auch an der der US-Präsidentenwahl deutlich werde, sagte er mit Blick auf Trump. Der Modebegriff besagt, dass Fakten gegenüber Gefühlen eine untergeordnete Rolle spielen.

Für die Bonner Solarworld AG sind die USA ein wichtiger Markt. Konzernchef Frank Asbeck sieht sein Geschäftsmodell durch Donald Trump, der den Klimawandel wiederholt leugnete, nicht gefährdet: „Der zuletzt sehr starke Solarzubau in den USA wird weitergehen, unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen, schlicht aus ökonomischer Notwendigkeit. Für eine unabhängige und kostengünstige Energieversorgung brauchen die USA Solarstrom.“

Als Solarhersteller, der auch in den USA produziert, erlebe Solarworld aber auch sehr genau die Sorgen der Menschen dort um ihre Jobs und Zukunft. „Es wird höchste Zeit, dass die demokratischen Parteien den Ängsten der Menschen offensiv begegnen und progressive Lösungen entgegensetzen,“ so Asbeck weiter.

Die Bonner Professorin und Wirtschaftsweise Isabel Schnabel sieht die Folgen der Wahl skeptischer: „Die amerikanische Wirtschaft steht angesichts der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik und der schwachen Produktivitätsentwicklung vor großen Herausforderungen“, so die Wirtschaftswissenschaftlerin. Ein stärkerer Protektionismus, eine Begrenzung der Migration und eine Deregulierung des Finanzsystems könnten diese Probleme nicht lösen.

Höhere Ausgaben und sinkende Steuern würden die fiskalische Stabilität bedrohen. „Es bleibt zu hoffen, dass das amerikanische System der „checks and balances“ der Politik des neuen Präsidenten Grenzen setzt“, meint die Expertin. Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA sei auch für den Rest der Welt von großer Bedeutung. Es drohe ein weltweiter Wandel hin zu mehr Protektionismus. Auch im Bereich der globalen Klimapolitik sei mit Rückschlägen zu rechne

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