Familien-Kolumne „Kinderkram“ Ein ganz besonderer Schatz

Bonn · Geschichten sind da, um erzählt und vor allem um gehört zu werden. Das gilt auch und vielleicht sogar besonders für Familiengeschichten. Denn mit ihnen leben liebe Menschen weiter.

Familien-Kolumne „Kinderkram“: Ein ganz besonderer Schatz
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Geschichten zu hören ist ebenso schön wie sie selbst zu erzählen. Das gilt für die alten Märchen, denen schon Generationen von Kindern gelauscht haben, für all die neuen Geschichten, die rund um immer neue Charaktere gestrickt werden, und ganz besonders für jene, in denen vertraute Personen die Hauptrollen spielen. Deswegen muss ich meinem Neffen etwa immer wieder aus meiner gemeinsamen Kindheit mit seinem Vater – meinem Bruder – erzählen. Am liebsten die immer gleichen Geschichten und vor allem die, in denen mir mal wieder irgendein Missgeschick unterlaufen ist. Dabei sein Strahlen zu sehen, treibt mich an, tief in meinem Gedächtnis zu kramen, besondere Begebenheiten hervorzuholen und dabei vielleicht doch noch solche zu finden, die er noch nicht kennt.

Meine beiden Töchter gesellen sich in solchen Momenten zu uns und hören begeistert zu. Was ich dann von mir und meinem Bruder erzähle, kennen alle drei größtenteils schon in- und auswendig. Das schmälert ihre Freude an solchen Erzählstunden aber nicht. Im Gegenteil. Inzwischen erzählen sie sich selbst unsere Geschichten weiter. Und nicht nur die. Eigene Erinnerungen kommen mehr und mehr hinzu oder vielmehr das, was wir Großen ihnen aus ihrer frühen Kindheit erzählen. Aber auch Geschichten von ihren Großeltern oder sogar Urgroßeltern verschlingen sie regelrecht, vielleicht, um auch die irgendwann weitererzählen zu können.

Auch ich habe als Kind solche Erzählstunden geliebt. Mein Vater und mein Onkel waren darin große Meister. Sie waren schon lange beste Freunde, ehe sie Schwäger wurden, und ihr Schatz an gemeinsamen Erlebnissen war schier unerschöpflich. Jedes Mal, wenn sie Geschichten aus ihrer gemeinsamen, mitunter recht abenteuerlichen Vergangenheit erzählten, kam ein kleines Detail hinzu, was diese Erlebnisse noch aufregender erscheinen ließ. Allein deswegen war es für uns Kinder nie langweilig, ihnen zuzuhören und mit ihnen über Dinge zu lachen, bei denen wir gar nicht dabei gewesen waren. Heute fühlt es sich manchmal so an, als wären wir es doch gewesen.

Leider können beide ihre Anekdoten nicht mehr selbst erzählen. Aber, ihre Geschichten leben weiter, indem nun wir sie erzählen. Und auch heute liebe ich diese Momente. Für kurze Zeit ist es dann so als wären die zwei noch mitten unter uns. In den Sommerferien steht nun ein Familientreffen an. Fast so wie früher, als mein Bruder, mein Cousin, meine Cousinen und ich die Ferien zusammen bei unseren Großeltern verbracht haben. Schon jetzt weiß ich, dass wir an diesem Tag nicht unter uns bleiben werden. Unser Opa wird definitiv dabei sein und mit ihm all die schönen und unvergesslichen Momente, die er uns beschert hat. Ich wünsche unseren Töchtern, dass auch sie sich solch einen Schatz an Familiengeschichten bewahren und ihre Lieben so bei sich behalten können. Ich denke, es wird ihnen gelingen. Sie arbeiten schon daran.

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