Enquete-Kommission des Landtags Politiker holen sich nach der Flut im Ahrtal Rat bei Experten

Ahrtal · Die für die Flut zuständige Enquete-Kommission des rheinland-pfälzischen Landtags hat das Ahrtal besucht. In Lantershofen versammelten sich Politiker und Experten zu einer Anhöhrung beim Winzerverein. Dort wurde Kritik an Kreisverwaltung und Hilfsorganisationen laut.

 Anne Vogelsberger (r.) gibt bei der Sitzung der Enquete-Kommission in Lantershofen den Bericht der Landesregierung ab.

Anne Vogelsberger (r.) gibt bei der Sitzung der Enquete-Kommission in Lantershofen den Bericht der Landesregierung ab.

Foto: Martin Gausmann

Fast ein Jahr nach der Todesflut in Rheinland-Pfalz hat die zuständige Enquete-Kommission des Landtags bei ihrem ersten Besuch im besonders betroffenen Ahrtal Empfehlungen für den Wiederaufbau bekommen. Die Leiterin der zerstörten Realschule plus in Altenahr, Marion Schnitzler, schlug dort am Dienstag vor, mit den derzeit in Container lernenden Schülern – genauso wie für den Brandfall – auch regelmäßig das Verhalten bei einem Hochwasserprobealarm zu üben. Notfalls könnten sie dann die benachbarten Berge etwas hochsteigen. Die Schulleiterin regte zudem an, Regenrückhaltebecken in den Wäldern im engen Ahrtal anzulegen.

Der Leiter der Masterstraßenmeisterei Cochem, Wilhelm Jonas, empfahl, während er neben einer in nur wenigen Monaten gebauten, 1,4 Kilometer langen Notumgehungsstraße beim Dorf Schuld stand, bei der Erneuerung zerstörter Brücken die Durchlässe für Hochwasser zu vergrößern. Auch sollten Bäume direkt an der Ahr stets gefällt werden, bevor sie zu mächtig würden. Bei der Flut mit 134 Toten und Tausenden verwüsteten Häusern am 14. und 15. Juli 2021 im Ahrtal waren viele mitgerissene Bäume an den Brücken hängengeblieben. Dadurch schwollen die verheerenden Wassermassen noch mehr an.

Anhörung mit Experten

Beim Winzerverein in Lantershofen folgte eine Anhörung, bei der weitere Experten über den Wiederaufbau im Ahrtal sprachen. Die Landesregierung vertrat dabei Anne Vogelsberger. Die Leiterin der Abteilung Wiederaufbau im Innenministerium verwies auf eine „gemeinsame Kraftanstrengung“ der Menschen vor Ort sowie des Landes und des Bundes. Zwar sei bereits einiges erreicht worden, dennoch werde der Wiederaufbau Jahre in Anspruch nehmen. Die Landesregierung werde sich der Aufgabe „mit ganzer Kraft“ stellen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Horst Gies, der als Erster Beigeordneter nach der Flut zwischenzeitlich die Kreisverwaltung führte, wünschte sich „Kümmerer“ für verschiedene Themengebiete beim Wiederaufbau, etwa Hotellerie und Gastronomie oder Landwirtschaft und Weinbau. Wenn es „zügig“ gehen solle, brauche man Entscheidungsträger für einzelne Bereiche. Gies sprach sich ferner dafür aus, das Personal bei der für Wiederaufbau-Hilfen zuständigen Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) aufzustocken. In Richtung Vogelsberger, die zuvor berichtet hatte, dass 80 Prozent der dort vollständig eingereichten Anträge bearbeitet seien, machte Gies deutlich, dass die Antragstellung eben das Problem sei.

Der ehemalige Vor-Ort-Beauftragte der Landesregierung, Günter Kern, übte Kritik an Kreisverwaltung und Hilfsorganisationen. So sei der Verwaltungsstab des Kreises noch Wochen nach der Flut lediglich mit einer Person besetzt gewesen. Ein Beispiel könne sich die Kreisverwaltung an der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion des Landes nehmen, die Tag und Nacht ansprechbar gewesen sei. Erster Kreisbeigeordneter Gies reagierte auf die Kritik, indem er auf Schwierigkeiten bei der Suche nach passendem Personal verwies. Bei den Hilfsorganisationen muss Kern zufolge künftig eine Struktur geschaffen werden, die diese organisiert. Sie dürften sich nicht „verselbstständigen“.

Auch machte Kern darauf aufmerksam, dass man über die Tariflöhne für die bei den Kommunen an der Ahr Beschäftigten sprechen müsse. Ohne eine Erhöhung der Löhne wird man an der Ahr Kern zufolge keine Chance haben, an das nötige Fachpersonal für den Wiederaufbau zu kommen. dpa / wes

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