Christliches Brauchtum in Bornheim Seit 350 Jahren pilgern Menschen aus dem Vorgebirge nach Trier

Bornheim-Waldorf · Seit 1672 pilgern Menschen jährlich aus dem Vorgebirge nach Trier, seit 1807 organisiert von der St.-Matthias-Bruderschaft Waldorf. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Gründe fürs Pilgern verändert, die Begeisterung dafür ist ungebrochen.

 Mit der St-Matthias-Bruderschaft von Bornheim nach Trier: (v. l.) Werner Kauth, Rita Schaum, Michael Braun und  Günter Knappstein mit dem Pilgerkreuz

Mit der St-Matthias-Bruderschaft von Bornheim nach Trier: (v. l.) Werner Kauth, Rita Schaum, Michael Braun und Günter Knappstein mit dem Pilgerkreuz

Foto: Axel Vogel

Es gibt nur wenige Zusammenschlüsse, die auf eine so lange, ununterbrochene Geschichte zurückblicken können. Seit 1672 pilgern Menschen jedes Jahr vom Bornheimer Stadtteil Waldorf zum Grab des heiligen Matthias nach Trier. In diesem Jahr also zum 350. Mal. Die diesjährige Wallfahrt stand unter dem Leitwort „Führe mich in Deiner Treue“.

Mehrere Tage sind die Frauen und Männer unterwegs. Es geht quer durch die Eifel. Organisator des Pilgerzugs ist seit 1807 die St.-Matthias-Bruderschaft. Gebührend wird die Bruderschaft um Brudermeister Michael Braun das Jubiläum mit einem Festakt am Samstag, 27. August, feiern. Nach einem Gottesdienst um 16 Uhr in der Waldorfer Kirche St. Michael soll eine Prozession zum Schützenplatz ziehen, wo eine Ausstellung zur Geschichte von Bruderschaft und Wallfahrt zu sehen sein wird. Ein gerade erschienenes Buch mit Erfahrungen der Pilger wird bei der Gelegenheit vorgestellt.

Es pilgern nicht nur Menschen aus dem Vorgebirge mit

In der Region ist die Wallfahrt seit Langem bekannt. Seit den 1970er-Jahren sind auch immer mehr Gläubige aus anderen Gegenden dabei, etwa aus dem Ruhrgebiet, Hannover und Berlin. „Ein Schweizer Paar hat unterwegs sogar geheiratet“, sagt Bruderschaftsvorstandsmitglied Rita Schaum.

 Pilgern auch in schweren Zeiten: Das Foto zeigt die St.-Matthias-Bruderschaft in Trier im Jahr 1916, also während des Erstens Weltkriegs.

Pilgern auch in schweren Zeiten: Das Foto zeigt die St.-Matthias-Bruderschaft in Trier im Jahr 1916, also während des Erstens Weltkriegs.

Foto: privat

Schaum gehört zu den vielen Männern und Frauen, die regelmäßig pilgern. Manche sind seit zehn, 20, 30 oder gar 40 Jahren dabei. Andere Menschen kommen nach längeren Unterbrechungen wieder. Obwohl in den vergangenen beiden Jahren die Wallfahrten coronabedingt ausgefallen waren, haben sich dennoch einige in privaten Kleingruppen auf den Weg gemacht.

„Das Bedürfnis, sich in schwierigen Zeiten zu treffen, war sehr groß“, erklärt Werner Kauth, der als Präses der Bruderschaft die Pilger jedes Jahr begleitet und unterwegs die Messen zelebriert. „Ich unterstütze gerne den gemeinsamen Glauben. Auch für mich ist die Wallfahrt immer wieder eine Bereicherung.“

40 Kilometer pro Tag

120 Kilometer durch die Eifel, rund 40 Kilometer am Tag, legen die Wallfahrer jeweils von Christi Himmelfahrt bis zum darauffolgenden Sonntag zurück. Übernachtet wird in privaten Quartieren. Nur in diesem Jahr gab es einige Änderungen: Aufgrund der Flutkatastrophe war der Weg durch das Vischeltal bei Kreuzberg nicht passierbar, durch das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring standen keine Übernachtungsmöglichkeiten an der Ahr zur Verfügung.

 Einzug in Trier: Die Wallfahrt im Jahr 1958.

Einzug in Trier: Die Wallfahrt im Jahr 1958.

Foto: privat

Die Entstehung der Wallfahrt ist heute nicht mehr eindeutig verifizierbar. „Ursachen könnten die Pest oder eine Viehseuche gewesen sein. Beides kursierte wohl damals“, erzählt Braun. Vermittelten die früheren Wallfahrten den Pilgern Hoffnung auf Besserung der Umstände, so böten sie heute vielen Gläubigen eine ursprüngliche, ganzheitliche und liturgische Alternative zur traditionellen Kirche, so Braun. Die Resonanz ist groß. Zwischen 130 und 150 Menschen pilgern für gewöhnlich mit. In diesem Jahr waren es allerdings nur 93 Menschen.

Für 2023 rechnet Braun mit einer Erholung der coronabedingt niedrigeren Beteiligung. Die körperlichen Anstrengungen spielen für die meisten keine Rolle. „Die Gruppe motiviert und zieht einen mit“, sagt Bruderschaftsmitglied Bertram Langen. Wenn jemand gar nicht mehr kann, nutzt er eine Zeit lang eines der Begleitfahrzeuge.

Ein mitgeführtes Fahrrad sorgt bei Toilettengängen in der Natur für den Anschluss an die Gruppe. „Die Wallfahrt ist ein einzigartiges Erlebnis und nur in der Gruppe möglich“, findet Braun.

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