175 Jahre Historie Namensträger wirkte in der Schweiz

Küdinghoven-Ramersdorf. · Zum 175-jährigen Bestehen der Kirche Sankt Gallus hat Johannes Junglas die Geschichte seiner Gemeinde zusammengetragen. Wieso die Kirche nach einem Mönch benannt ist, der in der Schweiz wirkte, bleibt wohl immer ein Geheimnis.

 Küsterin Brigitte Novak und der pensionierte Geschichtslehrer Johannes Junglas vor der St.-Gallus-Kirche.

Küsterin Brigitte Novak und der pensionierte Geschichtslehrer Johannes Junglas vor der St.-Gallus-Kirche.

Foto: Niklas Schröder

Das Kirchengebäude der St. Gallus Gemeinde feierte in diesem Jahr sein 175-jähriges Jubiläum. Dafür, dass die Kirche in ihrer heutigen Pracht stehen kann, ist Johannes Junglas dankbar. „Wir freuen uns sehr. Das Gebäude hat mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg einiges überstehen müssen“, sagt das Mitglied des Pfarrausschusses und des Kirchenvorstandes. Der pensionierte Geschichtslehrer hat aus verschiedenen Quellen die Geschichte seiner Gemeinde zusammengetragen und berichtet von seinem Fundus.

„Am 19. Oktober 1845 wurde das damals neue und heute noch stehende Kirchengebäude von dem Weihbischof und späteren Kölner Kardinal Johannes von Geißel eingeweiht.“ Die Pfarrgeschichte selbst fängt aber schon sehr viel früher an, wie Junglas ausführt. So nahm schon Lokalhistoriker und Pfarrer German Hubert Christian Maaßen (1825 – 1910) an, dass zu fränkischer Zeit, vom 5. bis 9. Jahrhundert, an gleicher Stelle ein kleiner Kirchenbau existierte.

„Die weitere Geschichte der Pfarrei Küdinghoven, die über fast ein Jahrtausend geht, muss in enger Verbindung zum Stift Vilich mit seiner ersten Äbtissin, der heiligen Adelheid, gesehen werden.“ Sie verstarb 1015, wurde 1966 heiliggesprochen und 2008 von der Ritenkongregation zur Bonner Stadtpatronin ernannt. Die Einverleibung der Gemeinde Küdinghoven in das Stift Vilich ging einher mit Rechten und Pflichten. So verfügte die Äbtissin zum Beispiel über das „Präsentationsrecht, das Recht, den neuen Pfarrer vorzuschlagen, war aber auch verpflichtet, sich um dessen Unterhalt zu sorgen“.

Seit 1953 weist im Kirchenschiff vorne rechts ein St. Adelheidis-Fenster auf diese Vilicher Zeit: „Seitlich hinter der hl. Maria Magdalena mit dem Salbgefäß in der Hand, gleichfalls von hohem Wuchs, sieht man die hl. Adelheid mit dem Wunderquell von Pützchen als Attribut“, beschreibt Junglas. Der von Küdinghoven nach Vilich führende „Pfaffenweg“ – die Verbindung von der heutigen Maarstraße bis zur Siegburger Straße – erinnert daran, dass die Priester diesen Weg benutzten, um in Vilich ihre Dienste, darunter auch die Mitwirkung bei Prozessionen und das Ministrieren beim Adelheidisfest, zu verrichten.

Der erste historisch sichere Nachweis einer Kirche in Küdinghoven stammt aus dem Jahre 1144, als in einem Schutzbrief des damaligen deutschen Königs Konrad III. aus dem Adelsgeschlecht der Staufer die „Capella Cudengouen“ genannt wurde. „Erhalten aus dieser Zeit sind die beiden unteren Geschosse des aus Basaltbruchsteinen errichteten romanischen Turmes, an dessen Westseite zur heutigen Kirchstraße sich das Kirchenschiff anschloss.“ Aus dieser frühen Zeit hat sich der Kirchturm mit seiner ungewöhnlichen Wendeltreppe erhalten. Anfänglich auch mit „Wehrcharakter“ ausgestattet, dürfte er heute einer der ältesten Türme in Bonn sein.

Das Glockengeschoss unter dem Dach wurde aber erst sehr viel später aufgesetzt. „Die Beweggründe des um 1680 stattgefundenen Wechsels des Patroziniums von den thebäischen Märtyrern zum bis heute beibehaltenen Heiligen Gallus bleiben wegen fehlender Quellen wohl immer ein Geheimnis der Pfarrgeschichte.“ Gallus, lateinisch für ‚der Kelte’, ein Wandermönch und Missionar aus Irland, wirkte um 600 n. Chr. vor allem im Bodenseeraum und gilt als Gründer des Klosters Sankt Gallen in der Schweiz. „Es bleibt ungeklärt, warum eine Bonner Kirchengemeinde, räumlich sehr weit weg von Sankt Gallen gelegen, seinen Namen trägt.“ Gleichwohl zeigt ein Fenster im Hauptschiff diesen heutigen Patron. „St. Gallus ist als Verkünder des Wortes Gottes und Freund der Tiere dargestellt. Nach der Legende soll ihm ein Bär beim Holztragen geholfen haben.“

Ein weiterer Einschnitt für die Belange der Pfarrei ergab sich durch den maßgeblich von dem französischen Kaiser Napoleon erzwungenen Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Dadurch wurde das Stift Vilich verstaatlicht und das Rheinland fiel auf Beschluss des Wiener Kongresses 1815 an Preußen: „So wurden die engen Beziehungen zu Vilich gekappt, und die Pfarrei Küdinghoven erhielt rechtlich gesehen weitgehende Selbständigkeit.“ Das habe nicht zuletzt auch wesentliche Auswirkungen auf einen Ersatzbau für die Kirche gehabt, der sich wegen der zunehmenden Baufälligkeit seit langem als notwendig erwies. „Diese Baupflicht ging nun an den Staat Preußen über und mit ihm zugleich an den neuen Eigentümer der Ramersdorfer Kommende, den Fürsten zu Salm-Reifferscheidt-Dyck, der – nach eigenen Angaben – auch fast die Hälfte der Kosten für den Kirchenneubau von 1845 zur Verfügung stellte,“ sagt Johannes Junglas.

Der von dem preußischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel unterzeichnete klassizistische Entwurf wurde wegen der räumlichen Enge zur Straße nun vom übernommenen Turm der alten Kirche aus östlich in den bergseitigen Kirchhof hinein errichtet. „Der Ostturm wurde so zum Westturm,“ sagt Junglas. Viele der steinernen Grabkreuze, die weichen mussten, sind heute in der südlich gelegenen Grünanlage aufgestellt, dem „Grabkreuzegarten“ – insgesamt 26 an der Zahl. Sie stammen aus den Jahren 1620 bis 1721; allein sieben davon weisen die Pestjahre 1665 und 1666 aus.

Aus der Pfarrei Küdinghoven schieden 1929 die Orte Nieder- und Oberholtorf und 1962 der Beueler Stadtteil Limperich aus. Seitdem besteht die Kirchengemeinde St. Gallus nur noch aus den Orten Küdinghoven und Ramersdorf, bildet aber seit 2002 mit den Pfarrgemeinden Hl. Kreuz Limperich und St. Cäcilia Oberkassel die Pfarreiengemeinschaft „Bonn – Zwischen Rhein und Ennert“.

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