Diskussion im Uni-Hörsaal über sexuellen Missbrauch durch Priester

Ein Stöhnen ging am Montagabend durch den voll besetzten Hörsaal 1 der Universität, als die Botschaft des Münchner Jesuitenprovinzials Stefan Kiechle verlesen wurde.

Bonn. Ein Stöhnen ging am Montagabend durch den voll besetzten Hörsaal 1 der Universität, als die Botschaft des Münchner Jesuitenprovinzials Stefan Kiechle verlesen wurde. Weil Matthias Katsch, der auf dem Podium sitzende Sprecher der bundesweiten Opfergruppe "Eckiger Tisch", in seiner Anzeige Ordensvertreter "verleumderisch" beschuldigt habe, ziehe der Orden den in der Diskussion "Sexueller Missbrauch durch Priester" angekündigten Pater des Aloisiuskollegs (Ako) kurzfristig zurück.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Zurück zum Dialog"Kein Grund, den Abend nicht auszurichten, urteilte Norbert Lüdecke von der Katholisch-Theologischen Fakultät. "Traurig, dass Kirche sich zu wenig solchen Debatten stellt", kommentierte der Freiburger Kirchenrechtler Professor Georg Bier die Entscheidung Kiechles.Eigentlich herrschte nach einem Dokumentarfilm über sexuelle Übergriffe von Kirchenvertretern und nach aufwühlenden Worten des am Berliner Canisiuskollegs missbrauchten Matthias Katsch allgemeiner Konsens."Das "Kartell des Verschweigens" der Kirche müsse unbedingt durchbrochen werden, so schmerzlich das auch sei, gab Norbert Trippen, Missbrauchsbeauftragter des Erzbistums Köln, zu.

"Auch Jesuiten sind Subjekte dieses Staates. Sie sind genauso rechtsstaatlichen Regeln unterworfen", erklärte der Bonner Sozial- und Rechtspsychologe Rainer Banse unter Beifall. Es sei genau der richtige Weg, dass nicht kirchenintern, sondern staatsanwaltlich ermittelt werde, gab Banse den Ball an Opfervertreter Katsch weiter. Kirche und Orden könnten nicht mehr als eine innere Aufarbeitung leisten.

"Deshalb müssen wir Opfer mit der Strafanzeige unser Heil bei der Staatsanwaltschaft suchen. Das müssen die Jesuiten ertragen", meint Katsch. Es sei ein Skandal, was mit den vom verstorbenen Ex-Ako-Internats- und Schulleiter aufgenommenen Nacktfotos von Jungen passiert sei, meldeten sich aufgebrachte Zuhörer.

Straftaten von Ordensvertretern, eben auch unverantwortlicher Umgang mit Beweismaterial, müssten strafrechtlich verfolgt werden. Er habe ohnehin nicht mit dem Erscheinen des angekündigten Ako-Paters in dieser Runde gerechnet, machte ein Mann seiner Wut Luft. "Die verstecken sich doch seit neun Monaten."

Es zeige sich hier wieder die "tiefe Kluft zwischen der Kirchenhierarchie oben und uns Laien unten", klagte eine Frau. Pädophilie sei nicht nur eine Sünde, sondern eine Straftat, schimpfte eine andere. Er hoffe, dass es nun im Fall Ako damit vorbei sei, "den Tätern die Nacktbilder zu überlassen", meinte Katsch. Aber damit dürfe man es nicht bewenden lassen. "Ich appelliere an Sie: Vergessen Sie nicht die Opfer."

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