Bonn-Duisdorf Umweltzentrum statt Wohnungen in der alten Stadtgärtnerei

Dransdorf · Für die Bürgerinitiative zur Erhaltung des Meßdorfer Felds gehört auch die alte Stadtgärtnerei in Dransdorf zur Freifläche. Sie soll nicht bebaut werden. Lediglich ein neues Umweltzentrum würde sie akzeptieren.

 Besichtigung der alten Stadtgärtnerei: Agnes Boesner (v.l.), Jonas Klingel, Christian Chmela, Leiter der Biostation, Initiaven-Sprecher Rudolf Schmitz und Ehefrau Annie.

Besichtigung der alten Stadtgärtnerei: Agnes Boesner (v.l.), Jonas Klingel, Christian Chmela, Leiter der Biostation, Initiaven-Sprecher Rudolf Schmitz und Ehefrau Annie.

Foto: Benjamin Westhoff

Keinen Millimeter will die Bürgerinitiative für die Erhaltung des Meßdorfer Felds zurückweichen. Die rund 200 Akteure treten nicht nur gegen jegliche Eingriffe im Landschaftsschutzgebiet an, sondern auch gegen eine Bebauung der angrenzenden ehemaligen Stadtgärtnerei. Lediglich ein neues Umweltzentrum auf einem Teil des Geländes würden sie billigen.

Stadtgärtnerei wird seit 2004 nicht mehr betrieben

Seit 2004 wird die Stadtgärtnerei nicht mehr betrieben. Noch stehen allerdings die aufgelassenen Gewächshäuser. Die verwilderte Örtlichkeit war sogar disparate Kulisse für eine „Tatort“-Folge. So viel grüne Wildnis täuscht darüber hinweg, dass die einstige Betriebsstätte aus massiven, betonierten Anlagen besteht. Das dazugehörige Wohngebäude an der Straße Auf dem Dransdorfer Berg hat der Verein Biologische Station Bonn/Rhein-Erft vor Jahren bezogen. Ein Provisorium als Dauerlösung? Leiter Christian Chmela zuckt mit den Achseln. Man hat sich arrangiert, auch wenn der Platz für Mitarbeiter und Maschinen beengt ist. In den vergangenen Jahren hat er manchen Vorschlag für die Nutzung des Geländes zur Kenntnis genommen. „Es kann nur was werden, wenn auch die Finanzierung steht.“

Bürgerinitiative kann sich ein Umweltzentrum auf der Fläche vorstellen

 Rudolf Schmitz, Sprecher der Bürgerinitiative, kann sich ein neues Umweltzentrum auf der Gärtnereifläche vorstellen. „In dem Gebäude soll auch die Biostation untergebracht werden“, so der Vorschlag. Allerdings: Grundsätzlich vertritt die Initiative den Standpunkt, dass auch die Ex-Gärtnerei zur Freifläche gehört, die niemals bebaut werden soll. Wenn man in dem Punkt nachgebe, würden die Ränder des Meßdorfer Felds scheibchenweise arrondiert, „bis am Ende nichts mehr da ist.“

Wohnungsbau bleibt eine Option

Die Ankündigung der Ratskoalition, mehr Wohnraum schaffen zu wollen, macht ihm Sorgen. In der Koalitionsvereinbarung vom Februar 2021 steht: Das Meßdorfer Feld und der Lausacker werden als Tabuflächen festgeschrieben. Von der ehemaligen Stadtgärtnerei ist nicht die Rede. Wegen der großflächigen Versiegelung des Standortes, die nur mit einem Millionenaufwand renaturiert werden könnte, diskutiert die Politik alle Jahre wieder über die Möglichkeiten einer Bebauung. Die Suche nach einem Investor, der die massiven Aufbauten aus den 70er Jahren erst entsorgen sollte, bevor er neu baut, ist längst zu den Akten gelegt. Das Grundstück ist weiterhin in städtischer Hand. Dort Wohnungen zu bauen, bleibt eine Option.

Initiative fordert mehr Freiflächen

Nein, hält die Initiative dagegen. Die Erfahrung lehre, dass nach jeder Kommunalwahl an gefassten Beschlüssen gerüttelt werde. Schmitz: „Also ist auch das Meßdorfer Feld immer wieder in Gefahr.“ Ein Bürgerantrag der Initiative wurde zwar unlängst abgelehnt, aber Schmitz wertet ihn trotzdem „als Denkanstoß“. Die Initiative hat Argumente aufgelistet, die gegen eine Bebauung der alten Stadtgärtnerei sprechen. Angesichts der Auswirkungen des Klimawandels sollten Freiräume und Naherholungsgebiete vollständig erhalten bleiben. Statt Versiegelung sollten sogar zusätzliche Freiflächen geschaffen werden. „Insbesondere vor dem Hintergrund der massiven Bebauung im gerade entstehenden Neubaugebiet Am Vogelsang mit zirka 330 Wohnungen auf 7,8 Hektar versiegelter Fläche in unmittelbarer Nähe des Meßdorfer Feldes, erscheint die Erhaltung der größten unbebauten Freifläche im Bonner Westen umso wichtiger“, so die Begründung. Außerdem: „Bei einer Bebauung kämen nur einige wenige Familien in den Genuss einer sehr bevorzugten Wohnlage.“ Von einer Nutzung als ökologisches Zentrum mit Schul- und Erlebnisgärten, Imkerei, Baumschule würden dagegen alle Bürger profitieren. Die nicht benötigten Flächen sollen entsiegelt werden. Verwiesen wird als mögliches Vorbild für eine Planung auf das Naturgut Ophoven bei Leverkusen-Opladen. Bleibt die Frage der Finanzierung. Da sieht die Initiative die Verwaltung in der Pflicht, Fördermittel zu akquirieren.

Verein hat ein Pilotprojekt gestartet

Die bestehende Beschlusslage des Rates deckt sich mit einigen Forderungen der Initiative, in entscheidenden Punkten aber nicht. Zwar hat der Rat den bestehenden Bebauungsplanbeschluss für die ehemalige Stadtgärtnerei im März aufgehoben, doch „auf den versiegelten Flächen kann Wohnbebauung ermöglicht werden.“ Im nördlichen Bereich des Geländes sieht auch die Politik einen neuen Standort für die Biostation einschließlich eines Bildungs- und Informationszentrums. Idee ist eine Verknüpfung von Wohn-, Lern- und Naturraum.

Genau diese Verknüpfung stellt der Verein „Neue Stadtgärtnerei“ in den Mittelpunkt seines unlängst vorgestellten Konzepts. Wie berichtet, hat der Verein für das Gelände ein Pilotprojekt entwickelt. Auf den Fundamenten der alten Gewächshäuser könnte klimapositiver Wohnraum entstehen. Zweite Säule wäre ein öffentliches Umweltbildungszentrum und dritte Säule eine Mikrofarm für lokale Lebensmittel. Eine Finanzierung ist durchgerechnet - und wäre möglich, wenn die Stadt das Gelände in Erbpacht vergäbe.

Verein würde gerne mit Bürgerinitiative zusammenarbeiten

Gerne würde der Verein auch die Bürgerinitiative auf seiner Seite wissen. Knackpunkt ist aber die Wohnbebauung. Die Initiative lehnt das Konzept mit 100 Wohnungen „in der Mitte des Stadtgärtnerei-Geländes“ ab. Sprecher Rudolf Schmitz argumentiert damit, „dass niemand diese im Grunde bevorzugte Wohnlage haben, das Gelände vielmehr allen gehören soll“. Zudem verweist er auf Klimagutachten, die negative Einflüsse für das gesamte Stadtklima befürchten ließen. Akzeptieren würde die Initiative allenfalls einen Lückenschluss an der Straßenfront „Am Dransdorfer Berg“. Mitglied Jonas Klingel hat ausgerechnet, dass dort rund 70 Meter zur Bebauung zur Verfügung stehen. „So käme man auch auf etwa 100 Wohneinheiten.“

Informationen über das Naturgut Ophoven gibt es auf der  Homepage https://naturgut-ophoven.de. Das Gut in Opladen ist vom Starkregen am 14. Juli betroffen und derzeit nicht geöffnet.

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