Netlabel Bonner vertreibt Musik über das Internet

BONN · Wenn Andreas Linden an seinem DJ-Set tüftelt, ähnelt seine Dachgeschosswohnung einer Disko: Für die richtige Atmosphäre sorgt eine Nebelmaschine und eine leistungsfähige Lichtanlage. Der Blick des 28-Jährigen wandert ständig über die Regler seines DJ-Decks.

 Andreas Linden an seinem Arbeitsplatz: Auf dem Laptop werden sie Parameter der Songs angezeigt, die über professionelle Lautsprecher wiedergegeben werden.

Andreas Linden an seinem Arbeitsplatz: Auf dem Laptop werden sie Parameter der Songs angezeigt, die über professionelle Lautsprecher wiedergegeben werden.

Foto: Maximilian Mühlens

Mit der linken Hand verstellt er die Regler, mit seiner rechten Hand bearbeitet er ein Steuerelement, das mit seinen vielen bunten, rechteckigen Tasten ins Auge fällt. Der Song, der mithilfe großer, professioneller Lautsprecherboxen perfekt wiedergegeben wird, ist laut und rhythmisch.

Auf einem Laptop werden Andreas Linden die Parameter des aktuellen Songs "CoolAir" angezeigt - ein Song den der 28-Jährige selbst gemixt hat. Unter dem Pseudonym "Spekta" spielt er regelmäßig in verschiedenen Clubs.

Musik nimmt in seinem Leben einen wichtigen und großen Teil ein. Er spielte Klavier, widmete sich einige Jahre dem HipHop und nun ist es die elektronische Musik - vor allem dem Psychedelic Trance oder auch Goa-Trance, eine Form der elektronischen Tanzmusik. Für den Software-Entwickler der bei einem mittelständischen Unternehmen in Bad Godesberg arbeitet, stellt die Musik einen Ausgleich zu seinem Computer-Job dar. Vor knapp einem Jahr professionalisierte er sein Hobby: Er gründete das Netlabel "3886records".

Netlabel, auch Internetlabel genannt, sind Projekte von Musikliebhabern, die ihre Musik meist kostenlos im Internet zum Herunterladen zur Verfügung stellen. "Während einer Party traf ich einen Veranstalter, der mich fragte, ob ich nicht auch mal Lust hätte zu spielen", erzählt Linden, "natürlich wollte ich, allerdings stellte sich die Frage, was für ein Label auf den Flyer gedruckt werden soll. Ich habe dann einfach "3886records" gesagt - das war die spontane Gründung meines Labels".

3886 - eine Zahl mit der der 28-Jährige immer wieder in Kontakt kam - und anderem durch ein Computerspiel und einem Lautsprecher-Modulator. Kurze Zeit nach seiner Netlabel-Gründung sammelte er Musik von anderen DJs oder Vertretern des Goa-Genres und stellte die Musik zum kostenlosen Download zur Verfügung. Dabei nimmt der 28-Jährige auch die Rolle eines Managers ein, wenn er Veranstaltungen organisiert oder die Musik im Internet bekannter macht.

Wenn man das Prinzip eines Netlabels vereinfacht erklären möchte, so kann man sagen, dass es eine Art "Klub" ist, in dem sich die Mitglieder gegenseitig helfen, inspirieren und gemeinsam Spaß haben. Aktuell hat Linden knapp 23 Musiker im Label, die er alleine organisiert. Der jüngste ist 15, der älteste 43. Sie kommen aus der ganzen Welt, das Internet macht's möglich.

Und wie wird man Musiker bei 3886records? "Man schickt mir ein Demo-Tape und wenn es gut gemacht ist und ins Genre passt und die anderen Musiker auch gut finden, ist man dabei", erklärt Linden. Mit acht Musikern hat er einen sogenannten Release-Vertrag, einen Vertrag, der nur für ein bestimmtes Lied oder ein Album abgeschlossen wird - der Schritt war notwendig, den Andreas Linden hat sein Label kommerzialisiert.

"Vor knapp drei Monaten habe ich mich mit 3886records bei einigen Online-Portalen, wie zum Beispiel iTunes oder Amazon, angemeldet. Mit dem Vertrieb über die Shops habe ich nun die Zielgruppe erweitert", sagt Linden. Denn es seien ganz andere Leute, die sich Musik kaufen und nicht kostenlos im Internet herunterladen.

Die Verträge sind nach Angaben des Softwareentwicklers sehr human: "Der Musiker bindet sich nur mit einem Release an das Label. 80 Prozent des Erlöses geht an den Künstler - aber ich muss zugeben, dass sich die Absatzzahlen noch in Grenzen halten". In Zukunft möchte sich Linden vor allem auf lokale Künstler konzentrieren - auch wenn dort "die Auswahl nicht ganz so groß ist" und wenn das Netlabel mal profitabel werden sollte, soll es auch CDs geben.

Anfang November hat Linden das Einjährige seines Labels feiern können. In der N8Lounge in der Bonner Altstadt traten lokale und internationale Elektro-Musiker des Labels auf und feierten mit.

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