Porträt über Benedictin Mafuka Rapper Emzi ist ein „Bonner Junge aus dem Kongo“

Dransdorf · Benedictin Mafuka alias Rapper Emzi lässt sich bei seinen Texten vom Alltag inspirieren. Erfahrungen von Ressentiments und Rassismus gehören auch dazu. Ein Porträt über den 28-Jährigen, der in Dransdorf lebt.

 „Ich bin jung, ich bin schwarz und mach den Mund auf!“: Mit Widerworten tritt der Rapper Emzi gegen Rassismus an.

„Ich bin jung, ich bin schwarz und mach den Mund auf!“: Mit Widerworten tritt der Rapper Emzi gegen Rassismus an.

Foto: Benjamin Westhoff

Intuitiv reagierte Benedictin Mafuka auf das Video, das den gewaltsamen Tod des Afro-Amerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in den USA zeigt. Die Worte seien schon dagewesen, sagt der Rapper. Aus den eigenen Erfahrungen. Er skandierte sie auf das Originalvideo.

Noch in der Nacht lud er den Song „George Floyd“, auf Instagram hoch. 50.000 Aufrufe schon nach kurzer Zeit. Aber es gab auch Hasstiraden. „Das muss man aushalten“, konstatiert der 28-Jährige. Kurz hatte er überlegt, es denen mit gleicher Münze heimzuzahlen. „Aber dann dreht sich die Spirale ja immer weiter. Es soll aufhören.“

Bis 17 Uhr arbeitet Mafuka wochentags als selbstständiger IT-Berater für seinen Lebensunterhalt. Abends ist er der Bonner Rapper Emzi. Mit zwei Jungs hat er einen angemieteten Raum zum Studio umgebaut. Emzi ist die Lautschrift von MC – Abkürzung der Rapper für Master of Ceremonies. „Mit 13, 14 machte ich ein bisschen Zimmermucke neben dem Fußballspielen, und meine Freunde nannten mich McBen“, erzählt er. „Als ich älter wurde, hatte ich viele andere Dinge im Leben zu klären. Leben, Gott, Familie, Freunde und Straße gingen vor.“ Mit 23, „nach Fachabi, Blockleben und diversen Blackouts“, trat Rappen wieder in den Vordergrund. Familie und Freunden sei längst klar gewesen, dass er es „drauf hat“ und den Künstlernamen Mc/Emzi gab es auch schon.

Der Nachdenkliche, der Straßenreporter.

Ob er mit Rap irgendwann Geld verdienen kann? Das ist der Traum. Es gebe viele reiche Rapper – auch in Bonn. Aber es gebe auch viele, die vor einem Luxuswagen posen, der ihnen gar nicht gehört. Emzi will auf dem Boden der Tatsachen bleiben. „Gott hat mich mit diesem Talent beschenkt, und ich will es nutzen.“ Gläubig sei er, „aber Religion hat in meiner Kunst nichts zu suchen.“

Emzi ist Lyriker, der Nachdenkliche, der Straßenreporter. „Meine Inspiration ist der Alltag, die Echtzeit. Ich lasse mich von dem leiten, was ich erlebe und berichte davon.“ Wenn‘s gut läuft, macht er einen Song pro Tag. Aber der muss aus seiner Sicht perfekt sein, sonst wird er anderntags weiter bearbeitet. Was unterscheidet ihn von den anderen? „Meine Stimme macht es aus. Ich versuche sie nicht krampfhaft zu verstellen oder zu bearbeiten. Ich mag direkte, kompromisslose Intonation. Wie ich es sage, meine ich es.“ In seinem aktuellen Song zu Floyd sagt er: „Will gar keine Moral halten, doch so lang wir schweigen, werden es Kinder in Zukunft für normal halten.“

Mafuka hat eine dreijährige Tochter. Sein Augenstern. Er würde alles tun, dass sie niemals weinen muss, weil sie wegen ihrer Hautfarbe drangsaliert wird. „Wenn du noch klein bist und lernst, dass du anders bist, dann tut es später nicht so weh, weil du es schon weißt“, sagt er.

Familie floh, als er zwei Monate alt war

 Die erste Station in Deutschland war ein Container in Frankfurt. Da war Benedictin zwei Monate alt; die Familie floh aus dem Kongo. Dann kamen sie bei einer Tante in Altenkirchen unter, später in einem Flüchtlingsheim im Rhein-Sieg-Kreis. Seine Freunde waren Marokkaner, Türken, Kurden. Das Flüchtlingsheim brannte; ein Teil des Familienbesitzes ging in Flammen auf. Die Erfahrung, dass fremde Menschen kommen und ihre Hilfe anbieten, war für ihn neu. An die Grundschulzeit erinnert sich Mafuka mit zwiespältigen Gefühlen. Im Nachhinein sei ihm klargeworden, dass ihn nicht nur weiße Mitschüler, sondern auch Lehrer wegen seiner Hautfarbe gemobbt hätten. „Es war immer nur so eine Empfindung, dass sie mit mir nicht zurechtkommen, dabei war ich doch wie sie.“

Andere Schwarze traf er zum ersten Mal, nachdem die Familie nach Dransdorf umgezogen war. „Als Neuer auf dem Spielplatz habe ich gecheckt: Ich bin gar nicht allein.“ Da habe er sich nicht länger „als Opfer“ gefühlt. „Ich bin ein Bonner Junge aus dem Kongo“, sagt er selbstbewusst. Er ist Fremdsprachenassistent, spricht fließend drei Sprachen und hat Fachabitur. Mit Ressentiments und Rassismus sieht Mafuka sich nach wie vor konfrontiert. „Gibt es schwarze Bahnkontrolleure oder schwarze Journalisten?“ An seiner ersten Arbeitsstelle habe er gespürt, dass manche weißen Kunden ungern von ihm bedient werden wollten. Die stillschweigende Ablehnung sei verletzend gewesen, und er kann viele weitere Beispiele aufzählen.

Nicht gut auf die Polizei zu sprechen

Auch auf die Polizei ist der 28-Jährige nicht gut zu sprechen. Zwar räumt er ein, dass diese Antipathie zur Geschichte des Raps und zu den gepflegten Feindbildern der Rapper gehört, aber er beruft sich auf seine eigene Sicht: „Wir stehen zu viert auf der Straße und chillen. Ein Streifenwagen hält und einer der Polizisten ruft: Los, verpisst Euch! Wieso, zum Teufel sagt er das? Hätte er weiße junge Männer auch so angeschnauzt?“ Ein anderes Mal seien ihnen in der Dunkelheit vier Polizisten entgegengekommen. „Sie marschierten wortlos und bedrohlich auf uns zu, dass wir nicht einschätzen konnten, was sie wollen. Das ist doch nicht richtig. Wir sind abgehauen.“ Nicht mehr befreundet ist er mit einem Kumpel, der mit einer Polizistin liiert war.

Seinen deutschen Pass hat Benedictin Mafuka seit 2004. „Ich bin stolz darauf. Deutsche Staatsbürger haben im Ausland ein hohes Ansehen – sogar im korrupten Kongo. Das kann mich schützen.“ Denn irgendwann will er dort hinreisen, „damit die Wurzeln nicht verloren gehen.“

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