Kommentar Jugendschutz in Großbritannien - Naive Hoffnung

Der britische Porno-Filter zum Jugendschutz steht für eine verständliche, vielleicht auch fromme, ganz sicher aber naive Hoffnung. Das Gefühl kennen wir ja: Lästiges, Anrüchiges, geradewegs Krankes und Strafbares einfach ausblenden können - wer will das nicht? Aber soll man die Entscheidung darüber, was angenehm oder unangenehm ist, wirklich dem Staat oder einem Computer-Algorithmus überlassen?

Nicht einmal die Menschen sind sich da einig: Sind die Oben-ohne-Fotos im Boulevardblatt nun schmuddelig - oder nicht? Empfindliche Zeitgenossen stört es gar, dass Titelbilder selbst seriöser Frauenzeitschriften die Modells heute in kaum jugendfreien Posen zeigen. Moralapostel? Oder Mimosen? Was akzeptabel ist und was nicht, ist beliebig - und die Definition beliebig erweiterbar.

Genau darin liegt allerdings auch die Gefahr: Wer dem Staat oder aber großen Internetgiganten die Deutungshoheit überlässt, wünscht sich Jugendschutz, bekommt dafür aber ein zensiertes Netz.

Schon jetzt können Eltern, die ihrem Nachwuchs nicht trauen oder ihn viel alleinlassen, einfach eine Online-Kindersicherung installieren. Bei manchen Netzinhalten, mit denen Nutzer bombardiert werden, ist das sinnvoll. Aber es ist nicht Aufgabe der Regierung. Die sollte im Schulterschluss mit der Polizei besser dafür sorgen, dass es mehr Ressourcen und Personal für die Fahndung nach Pädophilen im Netz gibt. Denn Straftäter werden immer einen Weg finden, schäbiges Material zu fabrizieren und zu verbreiten - trotz landesweitem Porno-Blocker.

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