Onkel Eddy statt Tante Emma Erfolgskonzept eines modernen Dorfladens in Dernau

Dernau · Während andernorts die Tante-Emma-Läden schließen, hat das männliche Pendant im Ahrtal Erfolg: Edgar und Daniela Ley führen in Dernau die Tradition des Dorfladens fort. Und das mit Kreativität und Innovation.

 Einkauf in Dernau: Alexander Stodden (l.) lässt sich von Edgar und Daniela Ley an der Frischetheke beraten.

Einkauf in Dernau: Alexander Stodden (l.) lässt sich von Edgar und Daniela Ley an der Frischetheke beraten.

Foto: Martin Gausmann

Der deutsche Einzelhandel ist nicht mehr das, was er einmal für viele war: kundennah, persönlich, mit eigenem Charme und Charakter. In den vergangenen Jahrzehnten mussten in vielen Orten Läden schließen. Metzger und Bäcker schlossen ihre Familienbetriebe. Der Deutsche Handelsverband prognostiziert wenig überraschend eine weitere Abnahme von Traditionsgeschäften.  „Handelsunternehmen mit einer langen Tradition, die es in den vergangenen Jahren versäumt haben, sich an dem veränderten Wettbewerbsumfeld auszurichten, werden vom Markt verschwinden”, lautet es in deren Studie zu Trends im Handel 2025. Weiter heißt es dort, Globalisierung, Digitalisierung und geändertes Konsumverhalten setzten ein hohes Maß an Unternehmergeist, Kreativität und Innovation voraus, um weiter auf dem Markt zu bleiben. Aufgabenbereiche fallen zusammen, Händler werden gleichzeitig zu Produzenten oder Lieferanten.

All das scheinen Eddy Ley und seine Frau Daniela in Dernau verstanden zu haben. Sie führen die Tradition eines Dorfladens fort. Nur wird bei ihnen aus dem Tante-Emma-Laden der Onkel-Eddy-Laden. Seit 30 Jahren arbeitet Ley in dem zu Edeka gehörenden Dorfladen, den bereits seine Eltern leiteten. Ganz ohne Partnerschaft mit den großen Ketten geht es nicht: Auch die Leys sind Mitglied von Edeka. Bis zur Übernahme durch Edeka 2006 war das Geschäft seit den 1960er Jahren ein Spar-Markt.

Hier soll der Kunde alles finden, was er sucht: von Sockenwolle und Nähgarn über Lebensmittel, vegane Produkte, Büroartikel, Reinigungsmittel bis hin zu erlesenen Ahr-Weinen. Letztere sind ein neues Standbein des Geschäfts. Mitten in der Corona-Krise eröffnete der Dernauer ein Winzer-Lädchen im selben Gebäude, weil „nirgendwo im Ahrgebiet Weine aus der Region zu Winzerpreisen angeboten werden.” In dem separaten Raum des Geschäftes hatte er vorher einen Bioladen untergebracht. „Ich habe mittlerweile über 300 Weine von den bedeutendsten Winzern der Gegend. Das ist irre eingeschlagen.”  

Ältere Kunden riskieren in der Pandemie keine unnötigen Kontakte

 Zusätzlich bietet der Dorfladen einen Lieferdienst an. Die ältere Kundschaft, die ohnehin nicht mehr gut zu Fuß ist, riskiert keine unnötigen Kontakte. So bekommen diese ihre Einkäufe von Leys bis ins Haus gebracht. „Als mein pflegebedürftiger Vater krank war, konnte ich meinen Einkaufszettel im Laden abgeben. Der Eddy ist dann vorbeigekommen und hat uns die Bestellung gebracht”, berichtet Stammkundin Ricarda Sebastian. „Er kennt die Familien, erkundigt sich stets nach dem Wohlbefinden. Eigentlich ist der Edeka Ley ein bisschen unser Kummerkasten, Leute schütten dem Eddy auch mal ihr Herz aus.” Sebastian fügt aus dem Hintergrund hinzu, dass er für die „neuesten Infos” täglich vorbeischaut.

Wie man bereits aus dem Online-Handel weiß, kann sich die Pandemie auch positiv auf Branchen auswirken. So ist es bei den Leys: Viele Käufer meiden volle Supermärkte und Discounter, kaufen lieber in Kleinläden mit wenig Fluktuation ein. Bargeldlos zahlen geht hier ebenfalls. Aber dies ist längst nicht der einzige Grund, aus dem die Kunden treu bleiben. Eddy zitiert eine Kundin, Erna, für die der Dorfladen auch das gesellschaftliche Zentrum ist: „Wenn wir den Laden nicht mehr haben, können wir alten Leute uns höchstens noch auf dem Friedhof treffen.” Auch für das Ehepaar Ley bedeutete die Pandemie Einbußen, vor allem beim Getränkeverkauf. Die Leys hatten vorher auf Veranstaltungen auch Getränke verkauft. Dieser Zweig liegt momentan auf dem Trockenen. Ausgeglichen wurde dieses Defizit aber durch das nun gewachsene Liefergeschäft.

Auch Sonderwünsche sind willkommen

Auch Sonderwünsche werden bedient: „Wenn mein Kunde eine Batterie für seine Uhr braucht, dann kriegt er die, auch wenn ich die bestellen muss. Sonst habe ich diesen Kunden zumindest für den Tag verloren. Der fährt dann für die Batterie in die Stadt und denkt, ‘wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch den Rest einkaufen’.”

Was ihn motiviert? „Ich will eben unter keinen Umständen einfach aus der Hand geben, wofür mein Vater sich Jahrzehnte lang den Buckel rund geschafft hat. Aber die harte Arbeit zahlt sich aus. Ständig erhalten wir Geschenke und Komplimente, wie gut wir unsere Arbeit tun. Das motiviert mich jeden Tag, mich neu zu erfinden.” Ein Winzerladen, das eigentliche Geschäft und der Lieferservice verlangen den Leys viel Zeit und Energie ab. Doch Eddy Ley ist mit ganzem Herzen dabei.

Unterstützt wird das Ehepaar von mehreren Mitarbeitern, auf deren Kompetenz ihre Chefs großen Wert legen. „Reich wird man hiervon nicht, aber ich mache es eben sehr gerne. Hier ist der Kunde noch jemand.“

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