Geschichte der jüdischen Gemeinde Rheinbreitbach Eine schwierige Spurensuche

Rheinbreitbach · Klaus-Henning Rosen hat über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Rheinbreitbach geforscht. Im neuen Heimatheft des Heimatvereins Rheinbreitbach verknüpft er auf 176 Seiten lokale Geschichte mit dem Weltgeschehen.

 Klaus-Henning Rosen hat sich mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Rheinbreitbach befasst.

Klaus-Henning Rosen hat sich mit der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Rheinbreitbach befasst.

Foto: Frank Homann

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland: Auch in Rheinbreitbach gab es einst eine lebendige jüdische Gemeinde. Klaus-Henning Rosen hat sich auf die letzten Spuren der jüdischen Rheinbreitbacher begeben. Das neue Heimatheft, die Nummer 26 des Heimatvereins Rheinbreitbach, wurde jetzt unter dem Titel „Die jüdische Gemeinde Rheinbreitbach“ in der Oberen Burg vorgestellt.

Der Autor spannt dabei auf 176 Seiten einen weiten Bogen von den Ursprüngen der jüdischen Kultur in Deutschland über das mittelalterliche Rheinland und wechselnde Herrschaften der Neuzeit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in der hiesigen Region, verknüpft Aspekte der Heimatgeschichte mit den Rheinbreitbacher Nachbarorten sowie mit dem zeitgleich verlaufendem Weltgeschehen und gewährt einen Einblick in die jüdische Religion und Kultur.

Thema bisher nur wenig ausgeleuchtet

Der Heimatverein mit seinem Vorsitzenden Dankward Heinrich hatte das Angebot Rosens, sich diesem Thema zu widmen, gerne angenommen. Er dankte dem Autor für „die mühselige Erforschung der letzten vorhandenen Spuren der jüdischen Rheinbreitbacher“ und zollte ihm Respekt, sich diesem Thema der Heimatgeschichte gewidmet zu haben, welches bisher nur wenig ausgeleuchtet worden sei.

Klaus-Henning Rosen erinnerte bei der Vorstellung daran, dass nach der Deportation der letzten jüdischen Rheinbreitbacherin 1942 nie wieder ein Mensch, der sich zum jüdischen Glauben bekennt, in den Ort zurückgekehrt sei. Als eine begrüßenswerte Distanzierung von damaligem Unrecht wertete er das Verlegen von drei Stolpersteinen im vergangenen Sommer, die an die letzten drei Jüdinnen in Rheinbreitbach erinnern.

Das Heimatheft soll auch ein Memorial für 14 in Rheinbreitbach geborene Juden und Jüdinnen sein, die von den Nazis umgebracht wurden. „Ihnen hatte nach ihrem Tod niemand ein Kaddish gesungen, wie es Juden nach dem Tod ihrer Angehörigen zu tun pflegen.“ Deren Namen stehen auf Seite eins des Buches, während Namen von Juden, die im Laufe der Geschichte in Rheinbreitbach lebten, auf den inneren Umschlagseiten des aufwendig gestalteten und von Martina Rohfleisch kundig lektorierten Heimatheftes abgedruckt sind.

Kaum noch Erinnerungen von Augenzeugen

Rosen bedauerte, dass sich nicht früher jemand an dieses Thema herangewagt habe, jetzt lagen ihm kaum noch greifbare Erinnerungen oder Bekenntnisse von Augenzeugen vor. Zur Verfügung standen ihm ein Bericht des Rheinbreitbacher Lehrers Faber von 1945 und eine Arbeit von Rudolf Vollmer aus Unkel.

Außerdem hatte der frühere Ortsbürgermeister Profitlich in den 1970er Jahren mit dem Sammeln von Zeugnissen begonnen. Rosen konnte zudem auf Informationen aus dem Buch über die Honnefer Juden von Adolf Nekum zurückgreifen – auf dem Judenfriedhof auf der Helte sind auch einige Gräber von Juden aus Rheinbreitbach zu finden.

Auch der Zufall half dem einstigen Büroleiter von Willy Brandt: Karsten Keune stellte Rosen die Aufzeichnungen von Heinrich Tintner zur Verfügung, der in Rheinbreitbach gerettet wurde – Familie Zech-Kauermann bot in ihrem Haus, dem Irleturm, Künstlern und jüdischen Freunden Zuflucht, was bisher kaum bekannt war. Diese Geschichte findet sich gleichfalls in dem Buch.

Gebetsriemen im Türrahmen entdeckt

Und noch ein besonders anrührendes Kapitel gibt es. Rosen erhielt kurz vor Abschluss seiner Arbeit ein Geschenk. Ein Rheinbreitbacher übergab ihm ein Kästchen mit einem wertvollen Erinnerungsstück: Gebetsriemen, Tefillin, mit den zugehörigen Schriftrollen aus der Thora und ein Gebet. Diese Kostbarkeit hatten die Eltern des Spenders im Türrahmen des Hauses gefunden, in dem einst Familie Moses gelebt hatte. Nach dem Krieg und dem Abschluss des Restitutionsverfahrens hatten sie das Gebäude erworben und bei der Renovierung die Gebetsriemen entdeckt.

Die Mikwe im Keller dieses Hauses, die zu einem der beiden Gebetsräume am Ort gehörte, war bei diesen Arbeiten verschlossen worden. Allerdings seien in einer Wand noch zwei Nischen erkennbar, in dem diese Gebetsteile möglicherweise früher durch Familie Moses verwahrt wurden. Vor dem Zwangsverkauf 1941 und ihrer Deportation muss Sophie Moses diese Gebetsriemen im Türrahmen versteckt haben.

Fahrkarte für die Deportation gelauft

Angeblich habe Sophie Moses, Jahrgang 1889, die mit ihrer Schwester Henny in dem Haus lebte, 80 Reichsmark des Verkaufserlöses erhalten, mit dem sie ihre Fahrkarte für die Deportation, zunächst kam sie ins Judenhaus Erpel, erwerben musste – Ort und Datum ihres Todes sind unbekannt. Ihre Schwester Henny war nach Iserlohn abgemeldet und von dort ins KZ verschleppt worden.

Ein spannendes Heimatheft, das ein Kapitel in der Geschichte des Ortes Rheinbreitbach beleuchtet, das bisher vergessen war.

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