Kiesgrube Dünstekoven Swisttaler Kiesgrube ist Zuflucht für seltene Arten

Swisttal · Mit einem Bagger hat der Nabu Bonn in der Dünstekovener Kiesgrube neue Tümpel und Steilwände geschaffen – und damit eine neue Heimat für seltene Tierarten. Besonders Bienen, Schmetterlinge und Vögel fühlen sich dort wohl.

 Nabu-Vorstand Peter Meyer zeigt die neue Wand in der Dünstekovener Kiesgrube. Dort können nun Insekten ihre Gänge graben.

Nabu-Vorstand Peter Meyer zeigt die neue Wand in der Dünstekovener Kiesgrube. Dort können nun Insekten ihre Gänge graben.

Foto: Axel Vogel

Vor einigen Wochen rollte durch das Naturschutzgebiet Dünstekovener Kiesgrube erneut ein Bagger, allerdings ausschließlich zum Wohl der Natur. Es handelte sich um eine Naturschutzmaßnahme und um einen wichtigen Teil des Pflegekonzeptes der Nabu Kreisgruppe Bonn für das Gebiet der stillgelegten Kiesgrube, erklärte Peter Meyer, stellvertretender Vorsitzender des Nabu Bonn.

Der Baggerfahrer hatte zwei Aufgaben: einige neue Tümpel auszuheben und vor allem die Wände der Grube so abzugraben, dass mehrere große vertikale Steilwände entstanden. Für seltene Insektenarten und Vögel soll dort in den Wänden ein neuer Rückzugsraum geschaffen werden. Nach mehreren Tagen Arbeit ist das Werk getan: Mehr als hundert Meter lang ist die neue Steilwand – und bis zu vier Meter hoch.

Von dem Nutzen der Aktion sind die Naturschützer überzeugt: Solche sonnigen, vegetationsfreien Sand- oder Lössflächen zeichnen sich durch einen außergewöhnlichen Artenreichtum auf kleinstem Raum aus. Hier finden sich schnell Pionierarten ein, also Tiere und Pflanzen, die die offenen Stellen als erste besiedeln.

Wände bieten Platz für Brutröhren

Dazu zählen zunächst einmal viele Insektenarten, vor allem sogenannte solitär lebende – das heißt nicht staatenbildende – Bienen und Wespen. Meyer verweist vor allem auf Mauer- und Furchenbienen sowie die langbeinigen Grabwespen, die diese Steilwände für die Fortpflanzung nutzen.

„Sie graben ihre Brutröhren in das offene Substrat und legen ihre Eier samt dem notwendigen Nahrungsvorrat für die daraus schlüpfenden Larven dort ab“, erklärt er. Gut geschützt vor Räubern und begünstigt durch die wärmenden Sonnenstrahlen könne der Nachwuchs dann ungestört heranwachsen. Aber auch einige seltene Vogel- und Reptilienarten sind laut Meyer auf solche Lebensräume angewiesen.

Andere Arten nutzen eher den ebenfalls zunächst vegetationsfreien Boden unterhalb der Steilwände. Auch dort gibt es zahlreiche spezialisierte Bewohner offener, lockerer Rohbodenflächen, wie etwa Heuschrecken, Laufkäfer und der Ameisenlöwe. Dieser vergräbt sich im Sand und lauert dort gut versteckt auf Beutetiere wie Ameisen und andere Bodeninsekten.

Schmetterlinge nutzen Wände für ein Sonnenbad

Weitere Tierarten der umliegenden Wiesen und Feuchtgebiete wissen die windgeschützten Stellen der Steilwände ebenfalls zu schätzen – etwa als Plätzchen für ein Sonnenbad. Dabei denkt Meyer an Reptilien wie die Zauneidechse und die Blindschleiche, aber auch an viele Insektenarten wie Schmetterlinge, die die Blüten auf den umliegenden Wiesen besuchen und an den Steilwänden ihren ausgekühlten Körper in der Morgensonne aufwärmen würden. „Sie alle brauchen die Wärme, um sich richtig bewegen zu können“, führt er aus.

Natürlich würde das mannigfaltige Leben in den Steilwänden auch zahlreiche Vögel anlocken, die in der Kiesgrube brüten und dort reichlich Nahrung finden. Selbst der Uhu zieht am Fuße der Steilwände regelmäßig seine Jungen groß.

Solche vorrübergehend vegetationsfreien, senkrechten Flächen gab es früher auch ohne den Eingriff des Menschen häufiger. Entstanden waren sie meist durch natürliche Störungen. Im Rheinland waren dies früher vor allem Verlandungszonen von Gewässern, also durch Hochwasser abgerutschte Hänge.

Natürliche Steilwände sind kaum noch vorhanden

Doch solche natürlichen Strukturen sind laut Meyer heute kaum noch anzutreffen. „Auch die Steilwände, die einst die zahlreichen Hohlwege säumten, haben heute Seltenheitswert. Die wurden in den modernen Kulturlandschaften leider fast überall eingeebnet“, kritisiert der Nabu-Experte. Darum seien stillgelegte Kies- und Sandgruben wichtige Ersatzlebensräume.

Die Naturschützer hoffen nun, dass sie mit der regelmäßigen Ausbesserung und Vergrößerung der vorhandenen Steilwände auch irgendwann einen hierzulande höchst seltenen Vogel wieder ansässig machen: die Uferschwalbe, die vor vielen Jahren einst ihre Bruthöhlen in die Steilwände der Kiesgrube in Dünstekoven gegraben hatte.

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