Verteidiger des Bonner SC Mvondo schreibt offenen Brief zum Thema Rassismus

Bonn · Der gewaltsame Tod des dunkelhäutigen US-Amerikaners George Floyd und die damit verbundenen Proteste haben Cedrik Mvondo zum Schreiben eines offenen Briefs veranlasst. Damit möchte der Verteidiger des Bonner SC zum Nachdenken anregen.

 Gemeinsam gegen Rassismus: Cedrik Mvondo (l.) und BSC-Vorstandsvorsitzender Dirk Mazurkiewicz.

Gemeinsam gegen Rassismus: Cedrik Mvondo (l.) und BSC-Vorstandsvorsitzender Dirk Mazurkiewicz.

Foto: Bonner SC

Cedrik Mvondo will kein Anführer sein und erst recht kein Held. Der 22-jährige Innenverteidiger des Fußball-Regionalligisten Bonner SC stellt Fragen. Fragen, die er in einem offenen Brief an alle richtet. Seit diesem Samstag ist der Brief auf der Internetseite und dem Facebook-Account des BSC zu lesen. „Sind wir uns der Probleme unserer Gesellschaft bewusst? Hören wir uns gegenseitig zu? Welche Werte werden an die Kinder vermittelt? Machen wir Menschen darauf aufmerksam, wenn eine ihrer Handlungen oder Äußerungen rassistisch sind?“, will Mvondo wissen.

Der 22-Jährige reagiert damit auf die Debatte um den gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd, der am 25. Mai in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota während seiner Festnahme ums Leben kam. Der Polizist Derek Chauvin hatte sein Knie so lange auf Floyds Hals gedrückt, bis der 46-Jährige das Bewusstsein verlor und später verstarb. Mehrere Personen hatten das Vorgehen der Polizisten gefilmt und ins Netz gestellt – der Beginn einer weltweiten Protestwelle. „Diese brutale Szene, die ja mehrere Minuten gedauert hat, konnte ich mir nicht ansehen“, gesteht Mvondo.

Hallo-Wach-Effekt durch Demos

Auch bei den Demonstrationen unter dem Motto „Black Lives Matter“ gegen Polizeigewalt und Rassismus, die am 6. Juni in ganz Deutschland stattfanden und an denen Zehntausende Menschen teilnahmen, war Mvondo nicht dabei. Erst nachdem er erfahren hatte, dass viele Freunde und frühere Mitspieler wie der deutsche Nationalspieler Benjamin Henrichs in Düsseldorf an der Demonstration teilgenommen hatten, machte er sich Gedanken. „Das war der Hallo-Wach-Effekt, den ich gebraucht habe. Da wurde mir klar, dass ich etwas tun muss“, erinnert er sich. „Es war wichtig zu sehen, wie viele Menschen gemeinsam für ein universelles Anliegen einstehen“, schreibt Mvondo. „Der 6. Juni 2020 war nicht nur ein Tag der Demonstrationen, sondern ein Tag der Einheit, der vielen Menschen Hoffnung und Kraft geschenkt hat.“

Mvondo will „kein Fass aufmachen“, wie er selbst sagt. „Angesichts der Entwicklung der letzten Jahre und Monate gilt es, das Bewusstsein der Mitbürger zu stärken: durch Aufklärung, friedvolle Diskussionen und vernünftige Zeichen“, schreibt er.

Der BSC-Innenverteidiger weiß, was Rassismus bedeutet. Seine Eltern kamen aus Kamerun nach Bonn. Der Vater als damals 20-Jähriger 1992, die Mutter vier Jahre später. Mvondos Vater studierte Elektrotechnik, wurde Diplomingenieur und technischer Betriebswirt. Auch die Mutter begann ein Studium der Elektrotechnik. Heute arbeitet sie in einer Pflegeeinrichtung. „Aus Erzählungen weiß ich, dass mein Vater während seines Studiums rassistisch beleidigt wurde“, berichtet Mvondo. „Später musste er sehr um seine berufliche Anerkennung kämpfen. Er bekam Sprüche zu hören wie: ,Dann musst du eben mehr arbeiten’.“ Mittlerweile sind Vater und Mutter wie Cedrik deutsche Staatsbürger.

Rassismus Teil des täglichen Lebens

Auch der in Köln geborene Cedrik, der mit vier Jahren bei Borussia Kalk mit dem Fußball begann, merkte immer wieder, dass seine Hautfarbe eine Rolle spielt. „Ich bin selbstbewusst und machte mir nichts aus Sprüchen. Aber die Blicke in den feineren Restaurants habe ich schon bemerkt.“ In seinem offenen Brief schreibt Mvondo, dass „Rassismus Teil unseres alltäglichen Lebens ist. Niemand wird als Rassist geboren, jedoch sind es scheinbare Banalitäten, die das Bewusstsein jedes Einzelnen prägen wie das Spiel ,Wer hat Angst vorm schwarzen Mann’ oder die Bezeichnung des beigen Buntstifts als Hautfarbe“.

Auf dem Fußballplatz erlebte Mvondo Rassimus vor allem in seiner Zeit beim Berliner AK in der Regionalliga Nordost. „In einem Spiel bei Union Fürstenwalde waren die Affenlaute nicht zu überhören“, erinnert sich der 22-Jährige, der mit 17 sein Abitur machte und an der Fernuni Hagen Rechtswissenschaften studiert. „Aber das hat mich eher gepusht.“

"Mut beweisen und Komfortzone verlassen"

Auf dem Platz will Cedrik Mvondo als einer der erfahreneren Spieler auf dem #BonnerWeg, der auf junge Akteure setzt, vorangehen. Neben dem Platz will er dazu beitragen, dass seine Mitmenschen für das Thema Rassismus im Alltag sensibilisiert werden. „Ich würde mich schon freuen, wenn Menschen über das, was ich geschrieben habe, nachdenken und darüber sprechen“, sagt Mvondo. „Bilder, Videos und Mitteilungen zu teilen, ist schön und gut“, heißt es in seinem Brief. „Jedoch sollte sich nicht alles in den sozialen Netzwerken abspielen. Der Kampf gegen Rassismus beginnt im Alltag.“

Mit seiner Meinung will Mvondo aufmerksam machen. „Es wird Zeit, dass wir Mut beweisen und unsere Komfortzone verlassen“, schreibt er. „Dabei brauchen wir niemanden, der vorangeht, keinen Helden. Gemeinsam können wir Geschichte schreiben, und in dieser kann jeder Einzelne ein Held sein.“.

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