„Jetzt sind wir halt zusammen“ Gemeinden Oberkassel und Königswinter-Altstadt sind nun eins

Oberkassel-Königswinter · „Es war die Not, die uns wendig gemacht hat“, sagt Pfarrerin Anne Kathrin Quaas. Denn seit dem 1. Januar sind die evangelischen Gemeinden von Oberkassel und Königswinter-Altstadt vereint. Das ist nicht die einzige Fusion im Rheinland.

 Um 700 Gemeindemitglieder reicher: Die Oberkasseler Pfarrerinnen Anne Kathrin Quaas (links) und Sophia Döllscher.

Um 700 Gemeindemitglieder reicher: Die Oberkasseler Pfarrerinnen Anne Kathrin Quaas (links) und Sophia Döllscher.

Foto: Stefan Hermes

Dass die Evangelischen Kirchengemeinden Oberkassel und Königswinter-Altstadt einmal fusionieren würden, darauf hätte vor drei Jahren niemand kommen können, mutmaßte die Oberkasseler Pfarrerin Anne Kathrin Quaas im 1. Gemeindebrief des neuen Jahres. „Es war die Not, die uns wendig gemacht hat“, erklärt sie die Zusammenlegung, die seit dem 1. Januar 2022 amtlich ist.

Die Neuordnung wurde durch den Weggang von Pfarrerin Christina Gelhaar ausgelöst, die 2019 die Königswinterer Gemeinde wegen einer Pfarrstelle bei der Deutschen Evangelischen Kirche in Lissabon verließ. Mit der Fusion gehören nun alle Evangelischen zur neuen Gemeinde Oberkassel-Königswinter, die zwischen dem Ramersdorfer Heiligenhäuschen im Norden und dem Drachenfels in Königswinter im Süden wohnen, sowie zwischen dem Kloster Heisterbach im Osten und dem Rhein im Westen.

Während Quaas nüchtern formuliert, „jetzt sind wir halt zusammen“, blickt ihre Kollegin Sophia Döllscher im Vorwort desselben Gemeindebriefs optimistisch in die Zukunft und geht davon aus, dass man sich „Schritt für Schritt besser kennenlernen und zusammenwachsen“ werde.

Erster Schritt zur Fusion vor drei Jahren

Der erste Schritt wurde bereits vor drei Jahren getan, als Pfarrerin Quaas für die Königswinterer Altstadtgemeinde die Vertretung für Gelhaar übernommen hatte. Nicht erst seit diesem Zeitpunkt kam es zu einer gemeinsamen Konfirmandenarbeit zwischen den beiden Gemeinden. „Für die Jugendlichen war es ohnehin nicht wesentlich“, so Döllscher, wohin sie gehen. Sie seien es schließlich gewohnt, für Schule oder Sport die Gemeindegrenzen zu überschreiten.

Nicht ganz so einfach dürfte es für einen Großteil der rund 700 Mitglieder der Altstädter-Gemeinde sein, die nun – zumindest amtlich betrachtet – von ihren bisherigen Ittenbacher Gemeindemitgliedern getrennt wurden, die ein Teil der Evangelischen Kirchengemeinde Siebengebirge geworden sind. „Man hat dort um deren Zusammengehörigkeit gerungen“, so Quaas.

Eine Teilung ziehe ja auch einiges an Konsequenzen nach sich. So musste unter anderem der Haushalt geteilt und Mitarbeiter verschoben werden. Doch die wichtigste Frage für die geteilte Gemeinde sei gewesen, ob man sich weiterhin treffen könne, erinnert sich Quaas. Im Dezember habe man noch gemeinsam einen Gottesdienst zum „Tschüss-Sagen“ in der Altstadt gefeiert, um darin auch betrauern zu können, dass sich Altstadt und Ittenbach mit Beginn des neuen Jahres formal auseinander dividieren. „Aber natürlich“, sagt Quaas verständnisvoll lachend, „saßen am nächsten Sonntag die Ittenbacher wieder in der Altstadtkirche, weil sie es so gewohnt waren.“ Das werde sicherlich auch so lange noch so bleiben, „bis man sich oben im Bergbereich oder unten am Rhein wieder wohlfühlt“, vermutet die Pfarrerin, um dann zu dem Fazit zu kommen, dass sich Gemeinschaft nicht nach Gemeindegrenzen definiere.

Trotzdem unterstreicht sie, wie wertvoll der rund 3500 Mitglieder zählenden Oberkasseler Gemeinde – mit „allem historischen Bewusstsein“ - ihre „deutliche reformierte Prägung“ ist. So habe die Oberkasseler Gemeinde auch in ihrer Selbstbeschreibung darum geworben, dass diese Prägung auch nach der Fusion weiterhin vorkomme.

Lutherischer Schwerpunkt tritt in den Hintergrund

Für die Zukunft der neu gebildeten Gemeinde bedeute dieser Anspruch, dass dabei die lutherische Schwerpunktsetzung der Altstadt-Gemeinde in den Hintergrund trete. „Das ist so“, bekräftigt Quaas. Der Unterschied zwischen den beiden Gemeinden sei jedoch nicht allzu groß, vermittelt Döllscher. „Beide Gemeinden waren ja bereits uniert“, sagt sie. Als uniert wird die Vereinigung verschiedener protestantischer Konfessionen bezeichnet: So bezieht sich die reformierte Kirche Oberkassels auf das Wirken von Zwingli und Calvin, während sich die Königswinterer Gemeinde an der Reformation Luthers orientiert.

Sichtbar wird es allerdings nur noch in wenigen Details. Während die Reformierten im Gottesdienst bereits bei der Eingangsliturgie aufstehen, tun dies die Lutheraner erst zur Lesung des Evangeliums. „Es gab bei der Anpassung der Liturgie überhaupt keinen Streitpunkt“, betont Dölscher. Man habe schon sehr früh ein „konstruktives Miteinander“ gehabt. Dabei sei auch die durch Corona verkürzte Gottesdienstordnung „hilfreich“ gewesen, wodurch sich der Ablauf der Gottesdienste in beiden Gemeinden kaum noch unterschieden hatten.

„Ganz schrecklich“, so Dölscher, sei dagegen der Kontaktverlust zu den Gemeindemitgliedern gewesen, der mit den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie einherging und zu vermehrten Kirchenaustritten geführt habe. In den vergangenen zwei Jahren hat alleine die Oberkasseler Gemeinde etwa 100 Mitglieder verloren. „Eigentlich ist der gesamte Fusionsprozess von Corona überschattet“, resümiert Quaas. Zumindest gelte es zu vermuten, dass man nicht alle Menschen und alle Bedürfnisse gleich gut im Blick gehabt habe. Deshalb sei es „nach einem Ende der fünften Welle“ wichtig, gut nachzufragen und hinzuhören. „Veränderungen sind nicht grundsätzlich notwendig und liegen für die Menschen auch nicht offensichtlich auf der Hand“, so Pfarrerin Quaas.

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