Bezirksvertretung Hardtberg In der Bezirksvertretung formiert sich die Mehrheit

Hardtberg · Grüne, SPD, Linke und Bürger Bund Bonn treffen in der Bezirksvertretung Hardtberg Absprachen, um sich eine Mehrheit in den Abstimmungen zu sichern. Die CDU geht nach 45 Jahren in die Opposition.

 Um eine Mehrheit zu haben, wollen Grüne, SPD, Linke und Bürger Bund Bonn zusammengehen. Die CDU muss in die Opposition.

Um eine Mehrheit zu haben, wollen Grüne, SPD, Linke und Bürger Bund Bonn zusammengehen. Die CDU muss in die Opposition.

Foto: Privat

Neue Gesichter zwischen den bekannten in der Bezirksvertretung Hardtberg. In Summe hat sich das Gremium verjüngt. Wesentlicher ist aber der Wechsel der Mehrheitsverhältnisse. Seit eine Bezirksvertretung in Hardtberg vor 45 Jahren eingesetzt wurde, befindet sich die CDU erstmals – obschon stärkste Fraktion – in der Opposition. Um die entscheidende Mehrheit bei Abstimmungen zu haben, wollen Grüne, SPD, Linke und Bürger Bund Bonn (Wählergemeinschaft) zusammengehen – jedoch nicht um den Preis, die eigene Überzeugung aufzugeben, betonen alle vier. Anders als etwa in Beuel „gibt es keinen Kooperationsvertrag“, sagt die Grünen-Bezirksfraktionssprecherin Jutta Brodhäcker. „Wir werden themenorientiert zusammenarbeiten.“

Wo sind die Schnittmengen?

Also stellt sich die Frage, wo die Parteien Schnittmengen für eine Zusammenarbeit sehen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, je geschlossener ein Stadtbezirk in der jeweiligen Sache auftritt, umso höher ist die Erfolgsaussicht. Aus Sicht der Hardtberger Grüne-Fraktion ergeben sich Übereinstimmungen „mit allen Parteien, die sich für ein modernes, lebenswertes, inklusives und gesundes Hardtberg einsetzen“. Man wolle „weg von einsamen Entscheidungen, hin zu einem mehrheitsfähigen Konsens“, pointiert Brodhäcker. „Wir sind ein moderner, in die Zukunft gerichteter Stadtbezirk – das muss sich auch in der Politik widerspiegeln.“ In ähnlichem Tenor antwortet auch die SPD. Berührungspunkte seien dort zu finden, „wo Teilhabe, Verkehrswende und Bildung unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit vertreten werden“, sagt SPD-Bezirkssprecher Dominik Loosen.

Man werde „in vielen Punkten sicherlich mit den anderen Parteien einig sein“, in einem aber nicht: der Verkehrspolitik, stellt die CDU klar. Diesen Standpunkt bezieht auch die FDP und sieht die größte Überstimmung in der Planungs- und Verkehrspolitik mit der CDU. Mit seiner Stimme will Bezirksverordneter Frank Thomas „konstruktiv mitarbeiten und vernünftigen Ideen eine Mehrheit verschaffen“.

Daran schließt sich die nächste Frage an, was überhaupt bei den jeweiligen Parteien als Erstes auf der Aufgabenliste steht. Mit dem Ziel, „dass Hardtberg barrierefrei werden muss“, wollen die Grünen konkret mit dem barrierefreien Ausbau der Musikschule am Schieffelingsweg anfangen. Eine ähnliche Zukunftsperspektive verfolgt auch die SPD mit dem Ansatz, „den Hardtberg attraktiver zu gestalten“, konkret ist Barrierefreiheit in der Fußgängerzone und in öffentlichen Gebäuden anvisiert. Eine gemeinsame Initiative wurde in der jüngsten Bezirksvertretungssitzung bereits auf den Weg gebracht. Einstimmiger Beschluss ist, Spielplätze künftig mit inklusiven Spielgeräten auszustatten und – auf Antrag der CDU – dazu von der Verwaltung ein Konzept erarbeiten zu lassen (der GA berichtete).

Für die CDU beginnt die Aufgabenliste beim Geld

Die Aufgabenliste der CDU beginnt beim Geld, den finanziellen Ressourcen. Die Beratungen für den Bonner Doppelhaushalt 2021/22 stehen an. „Da sind wir als Bezirkspolitiker gefragt, unsere Vorstellungen einzubringen und Spielräume für Maßnahmen im Stadtbezirk zu gewinnen“, sagt CDU-Bezirksfraktionsvorsitzender Bert Moll. Priorität für die FDP hat die Stärkung des Stadtbezirkszentrums, zumal die Corona-Pandemie die Situation der Geschäftsleute noch verschärfe.

Aus den vergangenen Wahlperioden liegen Pläne und Beschlüsse in der Schublade, die auf eine Umsetzung warten. Die Frage ist: Was muss dringend entschieden werden? Die Prioritätenliste der Grünen hat drei Punkte. Auf Platz eins steht die Weiterentwicklung des Burg-
acker-Carrés. Das Thema beschäftigt die Politik seit mindestens 20 Jahren. Zweitens: ein Nachbarschaftszentrum für Medinghoven. Bislang haben sich Bürger eine solche Einrichtung gewünscht, das Thema wurde diskutiert, aber bislang nicht konkretisiert. Dritter Punkt sind die Schottergärten, den Grünen ein Dorn im Auge.

Vordringliche Aufgabe aus Sicht der SPD ist, „mehr Bewegung in die Fußgängerzone zu bringen“, mit der Maßgabe, Burgacker und Burgweiher besser anzubinden. Außerdem müsse das Quartiersmanagement ausgeweitet werden. Die CDU will sich für die Neuauflage eines integrierten Handlungskonzeptes stark machen, als „elementare Voraussetzung, in einem Dialog mit den Bürgern die Zukunft des Stadtbezirks zu entwickeln“.

Völlig klar ist den Politikern, dass in der Liste ihrer Zielsetzungen auch dicke Bretter zu bohren sind – soll heißen, die Themen werden sich nur mit Geduld und Anstrengung bearbeiten lassen. Für die Grünen wie für die SPD sind die größte Herausforderung „einzelne Maßnahmen der Verkehrswende“. Absehbar – und angekündigt – wird das Mehrheitsbündnis mit der Opposition FDP in Verkehrsfragen über Kreuz liegen. Als dickstes Brett nennen CDU und FDP den „Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur“ – und da konkret die Schienenanbindung über den Hermann-Wandersleb-Ring (Westbahn).

Die Kommunalpolitiker sind als verlängerter Arm der Bürger bei ihrer – ehrenamtlichen – Arbeit auf Resonanz in der Bevölkerung angewiesen und umgekehrt müssen sich dort auch bemerkbar machen. Auffällig ist, dass bei den Kommunalwahlen im vergangenen September die Wahlbeteiligung in Hardtberg mit 52,3 Prozent mindestens fünf Prozentpunkte unter den anderen Stadtbezirken lag. Was wollen die Bezirksverordneten tun, um die Bürger stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen? Persönliche Begegnungen sind zwar derzeit unmöglich, stehen aber grundsätzlich auf dem Programm der Parteien. Neben den Möglichkeiten des digitalen Kontakts wollen die Grünen sobald wie möglich Informationsveranstaltungen anbieten. Auch die SPD will in den „intensiven Austausch“ treten. Auch CDU und FDP setzen auf das probate Verfahren mit Infoständen, Bürgersprechstunden und Veranstaltungen.

Die nächste Sitzung der Bezirksvertretung Hardtberg findet am Dienstag, 2. Febuar, statt. Die Tagesordnung gibt es auf www.bonn.de (Allris).

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