Abschied vom Waldschlösschen Die letzten Dominikaner verlassen Bonn

Brüser Berg · Die Dominikanerpatres Gottfried Michelbrand und Victor Gisbertz verlassen das Haus Giesberg in Duisdorf. In den 1950er Jahren war das Waldschlösschen ein beliebtes Ausflugsziel im Kottenforst.

 Die Dominikanerpatres Gottfried Michelbrand (links) und Victor Gisbertz verlassen Haus Giersberg.

Die Dominikanerpatres Gottfried Michelbrand (links) und Victor Gisbertz verlassen Haus Giersberg.

Foto: Stefan Hermes

Lachend erinnert sich Dominikanerpater Victor Gisbertz (79) an die Warnung seines damaligen Seelsorgeamtsleiters Ludwig Schöller, der 1987 beim Anblick von Haus Giersberg sagte: „Diese Bruchbude wollen Sie sich doch wohl nicht antun.“ Doch Pater Victor und sein Mitbruder Pater Gottfried Michelbrand (75) ließen sich nicht beirren. Jetzt verlassen die letzten Dominikaner das Haus.

Die fußläufige Lage zum damaligen Malteser Krankenhaus, der heutigen Helios-Klinik, an dem beide Patres seit 1975 als Krankenhausseelsorger tätig waren, erschien ihnen ideal für ihre Pläne. In den Folgejahren bauten sie die ehemalige Gaststätte Waldschlösschen, die schon seit den späten 60er Jahren als Schulungsheim für eine katholische Jugendorganisation genutzt wurde, in ein Seminar- und Schulungszentrum zur Förderung der Krankenhausseelsorge aus. Mit einer Einrichtung in Heidelberg gehörte damit das Haus am Duisdorfer Hasenweg zu den ersten Einrichtungen dieser Art. „Wir hatten ja damals gar kein Geld“, sagt Pater Gottfried.

Nur mit vielen Ehrenamtlichen und einer ersten Spende in Höhe von 50.000 Mark habe man anfangen können, das Haus mit seiner angrenzenden Remise um- und auszubauen. „20 Jahre lang waren wir dann ein Schulungszentrum für Krankenhausseelsorger. Das war Stress pur“, so Pater Gottfried rückblickend. 1999 habe man dann mit dem Krankenhaus einen Vertrag geschlossen, die bislang im Malteserkrankenhaus angesiedelte Palliativ-Fortbildung, im Haus Giersberg anzusiedeln.

Seminarangebote liefen gut an

 In den 1950er Jahren war das Waldschlösschen ein beliebtes Ausflugsziel im Kottenforst.

In den 1950er Jahren war das Waldschlösschen ein beliebtes Ausflugsziel im Kottenforst.

Foto: Repro Stefan Hermes

„Das lief auch alles sehr gut an“, erinnert sich Pater Gottfried. Das Angebot für Pflegende, Ärzte und Ärztinnen sowie Ehrenamtliche habe sich schnell mit vielen unterschiedlichen Disziplinen zu den Themen Kommunikation und Trauerarbeit ausgeweitet. Während die Ausbildung für Krankenhausseelsorgende über drei Monate ging, dauerten andere Seminare und Veranstaltungen oft nur ein Wochenende oder wenige Tage. „Unsere Tagesveranstaltungen für Medizinstudenten im Praktischen Jahr boomten unendlich“, so Pater Gottfried, der zu dieser Zeit auch einen Lehrauftrag der Uni Bonn erhielt.

Vor zwei Jahren hat er bereits als erster der beiden Dominikaner das Haus Giersberg verlassen. „Wir Älteren gehen alle in ein altersgerechtes Seniorenheim“, sagt er. Das sei nicht unüblich. Viele Ordensgemeinschaften wählten diesen Schritt. „Schließlich wollen wir auch den Jüngeren nicht zu Last fallen“, fügt Pater Victor hinzu, der seinem Mitbruder Ende Juni nach Köln folgen wird, wo Pater Gottfried als Prior dem neu gegründeten Konvent in der Kölner Schwalbengasse vorsteht. Dann wird der letzte Dominikaner Haus Giersberg und Bonn verlassen haben. Das Lebenswerk der beiden Patres wird jedoch von dem Verein zur Betreuung und Begleitung von Schwerstkranken und Tumorpatienten weitergeführt, der dem Verein zur Förderung der Krankenhausseelsorge der beiden Dominikaner beigetreten ist und das Haus Giersberg in deren Sinne fortführt.

Abschiednehmen gehörte zum Alltag

„Abschied habe ich von frühester Kindheit an gelernt“, sagt Pater Gottfried auf die Frage, wie schwer es ihm falle, den Ort seines jahrzehntelangen Wirkens zu verlassen. Das Abschiednehmen sei auch in seinem Berufsalltag täglich das Thema gewesen. „Ich habe es also geübt, geübt, geübt“, sagt er. Nun sei er selber dran. Er betrachte es als Chance, in seinem Alter mit Mitbrüdern zusammenzuziehen. Oft genug habe er erlebt, wie alte Menschen in ein Pflegeheim „gestopft“ wurden und keine Möglichkeit mehr hatten, selber eine Entscheidung zu treffen.

Pater Victor konstatiert dagegen, dass er sich mit der bevorstehenden Trennung von Haus Giersberg sehr schwer tun wird. Der agile 79-Jährige gesteht ein, dass es ihm doch immer schwerer falle, die vielen Treppen im Haus Giersberg zu steigen. Er baut darauf, dass er der Lebendigkeit in der Kölner Innenstadt auf Dauer ebenso viel abgewinnen kann, wie der Abgeschiedenheit, die einst Josef und Theresia Giersberg dazu brachte, ihr Haus auf dem Hardtberg zu bauen.

Das Waldschlösschen war beliebt

Mit ihren sieben Kindern entschlossen sie sich 1927 „in der Waldeinsamkeit ein Heim für uns und unsere Nachkommen zu errichten“, wie sie es in einem dem Grundstein beigelegten Dokument festhielten (siehe Infokasten). Ihre Gast- und Gartenwirtschaft „Waldschlösschen“, dürfte als ältestes Haus auf dem Hardtberg noch einigen Bonnern, Duisdorfern und Witterschlickern in guter Erinnerung sein. Bis zum Ende der 50er Jahre traf man sich dort vor allem an den Wochenenden zum Plaudern, Feiern und Tanzen. Das Haus bot 50 Personen in der Gaststube und 200 Gästen im Garten Platz und war eine beliebte Familienausflugsstätte und ein Sportlertreffpunkt, zumal auch der Witterschlicker Turnerbund seinen neuen Fußballplatz in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete. „Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs änderte sich alles. Der Bierkeller wurde zeitweise zum Luftschutzkeller und die Gastwirtschaft zum Offizierskasino“, sagt Hans Nitsche, der dort bald zehn Jahre lang wohnte, bevor die Dominikaner das Haus zu dem machten, was es heute ist.

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