Nutzung einer Notunterkunft Obdachloser verklagt die Stadt Bonn wegen Gebühren

Bonn · Ein Obdachloser hat gegen die Zahlung von Gebühren für die Nutzung einer Notunterkunft geklagt und vom Verwaltungsgericht Köln Recht bekommen. Die Stadt Bonn hatte versäumt, die Gebührensatzung anzupassen.

 Das Gebäude an der Ecke Seufertstraße/Karl Finkelnburgstraße im Villenviertel wird heute als Notunterkunft genutzt.

Das Gebäude an der Ecke Seufertstraße/Karl Finkelnburgstraße im Villenviertel wird heute als Notunterkunft genutzt.

Foto: Axel Vogel

Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ihre Wohnung verlieren und privat nicht woanders unterkommen können, denen stellt die Stadt eine ihrer Notunterkünfte zur Verfügung. Mittlerweile bieten auch frühere Flüchtlingsunterkünfte obdachlos gewordenen Einzelpersonen und Familien ein Dach über den Kopf. Dafür werden Gebühren fällig, die ein früherer Bewohner indes nicht zahlen wollte. Er strengte, so erfuhr der GA auf Nachfrage, ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln an und gewann. Hintergrund: Die Stadt Bonn hatte bei der Umwandlung von früheren Flüchtlingsheimen in Obdachlosenunterkünfte versäumt, ihre Gebührensatzung entsprechend anzupassen. Das hat sie jetzt – wegen der Sommerpause des Rates – per Dringlichkeitsentscheidung nachgeholt.  Allerdings spricht sie in einer entsprechenden Vorlage für den Stadtrat, der diese Entscheidung noch nachträglich in seiner nächsten Sitzung genehmigen muss, lediglich von einem „Hinweis des Verwaltungsgerichts“ und geht mit keinem Wort auf das Klageverfahren ein. Zu dem Thema hat der Bürger Bund Bonn (BBB) jetzt eine Große Anfrage für die Ratssitzung gestellt.

 Auf Nachfrage des GA erklärt Markus Schmitz vom Presseamt: „Im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, das ein vormaliger Bewohner einer Unterkunft als Gebührenadressat angestrengt hatte, hat die Vorsitzende Richterin die Zahlungsaufforderung der Stadt als rechtswidrig eingestuft.“  Sie habe die Stadtverwaltung im Juli darauf hingewiesen, dass die entsprechende Satzung nicht als Rechtsgrundlage für die erhobene Benutzungsgebühr dienen könne, sofern die Unterkunft nicht in der Auflistung der in der Satzung benannten Unterkünfte enthalten sei. Die Unterkunft des Klägers wie auch einige andere waren demnach nicht aufgelistet. „Im Zuge der Umnutzung der Objekte von der Unterbringung geflüchteter Menschen hin zur Unterbringung der Obdachlosen ist die Notwendigkeit einer Satzungsanpassung erst jetzt aufgefallen“, erklärt Schmitz. Konkret geht es laut städtischer Vorlage um Gebühren von insgesamt rund 11.000 Euro monatlich.

Viel Geld ist der Stadt bisher aber offensichtlich nicht durch die Lappen gegangen, zumal 90 Prozent der Bewohner Leistungsempfänger sind und die Unterkunftskosten seitens des Jobcenters oder des Sozialamtes übernommen werden: Seit Bekanntwerden der rechtlichen Problematik wurden Schmitz zufolge vorsorglich keine neuen Gebührenbescheide erlassen, der aktuelle Einnahmeausfall beläuft sich auf etwa 3500 Euro. Schmitz: „Die sich nunmehr in Überarbeitung befindliche Satzung wird bezüglich der zu erhebenden Gebühren keine Rückwirkung vorsehen, da eine solche rechtlich bedenklich wäre.“

349 Obdachlose in städtischen Unterkünften

Derzeit sind laut Stadt Bonn 349 wohnungslose Menschen in städtischen Unterkünften untergebracht, 91 davon sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Die durchschnittliche Verweildauer sei aufgrund der weiterhin enorm angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt recht hoch. Derzeit leben 165 Menschen weniger als sechs Monate, 61 Menschen sechs Monate bis ein Jahr, 39 Menschen zwischen einem und zwei Jahren, 26 Menschen zwischen zwei und drei Jahren und 58 Menschen über drei Jahre in den Unterkünften.

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