Tag der Architektur in Bonn Trauerhalle auf Ückesdorfer Friedhof wird vorgestellt

Ückesdorf · Am Tag der Architektur ist der Neubau der jüdischen Gemeinde auf dem Ückesdorfer Friedhof zu sehen. Seit 1998 ist es der einzige Friedhof in Bonn, der Menschen jüdischen Glaubens nach ihrem Tod als letzte Ruhestätte zur Verfügung steht.

 Die Trauerhalle auf dem Ückesdorfer Friedhof: (V. l.) Christine Antonie Lutz und Margaret Traub.

Die Trauerhalle auf dem Ückesdorfer Friedhof: (V. l.) Christine Antonie Lutz und Margaret Traub.

Foto: Meike Böschemeyer

Das Grab ganz hinten links ist das verwunschenste auf dem jüdischen Teil des Friedhofs in Ückesdorf. Kletterpflanzen umranken es. Der kleine Grabstein ist kaum sichtbar. Obenauf liegen kleine Kiesel, die Besucher zum Gedenken hinterlassen haben, so wie es Christen mit Blumen zu tun pflegen. Dahinter allerdings ragt ein Gebäude empor, bescheiden zwar, aber doch auffällig und recht neu. Im vergangenen Jahr hat das Bad Honnefer Architekturbüro Lutz und Unglauben es für die Jüdische Gemeinde Bonn an Ort und Stelle errichtet. Nun wird es an diesem Sonntag, 27. Juni, erstmals im Rahmen des Tages der Architektur öffentlich vorgestellt. Vier Mitarbeiter des Büros von Christine Antonie Lutz werden von 15 bis 17 Uhr vor Ort sein, um zu erklären, was es auf sich hat mit dieser neuen Trauerhalle.

Rückwand mit Anti-Graffitianstrich

7,70 Meter mal 7,30 Meter misst die Grundfläche. „Der Ausgangspunkt für unseren Entwurf war ein klassisches Haus“, sagt Lutz. Zwölf Säulen aus Stahl mit hebräischer Gravur symbolisieren die ebenso vielen Stämme Israels. Sie sind von unterschiedlicher Höhe und stehen nicht gleich entfernt voneinander. Die Rückwand aus schalungsrauem Beton, robust und mit einem Anti-Graffitianstrich gegen Vandalismus versehen, sei das „Rückgrat“ des Gebäudes, jene bedeutende Achse also, die beim menschlichen Skelett den Schädel trägt und den Rumpf stützt. Lutz erklärt: „Die Architektur soll etwas mit dem Betrachter machen, sie soll ihn bewegen.“ Die Geschichte von Flucht und Vertreibung einerseits und von Stärke andererseits soll sie erzählen.

Aber ebenso das leisten, was von einer solchen Halle gemeinhin erwartet wird: Die Trauernden vor Wind und Wetter schützen. Zu diesem Zweck bedecken Planen die Decke des Stahlgerippes, das zu den Seiten offen ist. „Sehr schön“ findet Margaret Traub das Ergebnis. Die Vorsitzende der Bonner Synagogengemeinde und Lutz sprechen auch über die besondere Herausforderung, das Gebäude auf recht begrenztem Raum zu errichten. 

Restlos voll sind nämlich die alten jüdischen Friedhöfe im Stadtgebiet. „Unsere Bestattungskultur verbietet es, Gräber einfach einzuebnen“, sagt Traub. Wer einmal liegt, der liegt also. Auf den großen, eindrucksvollen jüdischen Friedhöfen im tschechischen Prag, in Berlin-Weißensee oder im polnischen Lodz führt das logischerweise zu Platzproblemen, die derart gelöst werden, dass die Leichname nach einer gewissen Zeit übereinandergelegt werden.

Auf den jüdischen Friedhöfen wird es eng

In Bonn steht Menschen jüdischen Glaubens nach ihrem Tod im Grunde nur noch der seit 1998 betriebene Ückesdorfer Friedhof zur Verfügung. Etwas mehr als 90 Einzel- und Familiengräber befinden sich dort bereits, es mag noch einmal Platz für ebenso viele geben. Die Grabsteine weisen Richtung Südosten nach Jerusalem, wie es Brauch ist. In neun Reihen liegen die Toten am Rande des Kottenforstes. Sieben frische Grabstellen sind in den ersten Monaten dieses Jahres hinzugekommen, leicht erkennbar am fehlenden Grabstein. „Die Steinplatte darf erst ein Jahr nach der Beerdigung aufgelegt werden“, sagt Traub.

Und noch ein Gebot gilt auf jüdischen Friedhöfen. Die Herren haben eine Kopfbedeckung zu tragen. Ausreichend Kippot will Lutz am Sonntag zum Tag der Architektur mitbringen.

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