Streikbeginn am Uniklinikum Bonner Krankenpfleger legen unbefristet ihre Arbeit nieder

Bonn · Nach Ablauf des Ultimatums der Gewerkschaft Verdi an die NRW-Landesregierung und den Arbeitgeberverband des Landes haben am Mittwoch Mitarbeiter aller sechs Unikliniken in NRW ihre Arbeit niedergelegt. Patienten mussten verlegt werden.

 Die Streikteilnehmer am Uniklinikum Bonn ziehen übers Gelände.

Die Streikteilnehmer am Uniklinikum Bonn ziehen übers Gelände.

Foto: Benjamin Westhoff

Streik am Bonner Uniklinikum: Ab der Frühschicht waren mehrere Stationen geschlossen, darunter eine dermatologische, eine chirurgische und eine strahlentherapeutische. Laut dem für Bonn zuständigen Verdi-Gewerkschaftssekretär Arno Appelhoff könnten weitere Stationen in den nächsten Tagen folgen, denn der Streik ist dieses Mal unbefristet. Das hat zur Folge, dass ein Teil der Patienten frühzeitig entlassen und die Aufnahme einiger Neupatienten auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Krankenhausintern kam es zu Verlegungen auf andere Stationen.

Vorbild Berliner Charité

„Wir möchten eine großzügige Bettensperrung erreichen und den Klinikbetrieb damit einschränken. Die Verhandlungen zu einem neuen Tarifvertrag müssen wieder aufgenommen werden“, fordert Appelhoff. Er hofft auf eine baldige Einigung der Verhandlungspartner – ähnlich wie an der Berliner Charité im Herbst 2021. Er präzisiert: „Es geht nicht um Geld, sondern um eine Entlastung der Mitarbeiter“.

Die Forderung beinhaltet unter anderem die Einrichtung einer Ratio, wie viel Personal für wie viele Patienten zuständig ist. Für die Geburtenstation fordert ver.di beispielsweise eine Eins-zu-eins-Betreuung im Kreißsaal. Das heißt, dass eine Hebamme für eine Patientin zuständig ist. Momentan müsse sich eine Hebamme um drei bis vier werdende Mütter kümmern.

Verdi-Streik in Bonn: Mitarbeiter von Kita & Uniklinik streiken - Bilder
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Erzieher und Pfleger streiken in Bonn

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Pfleger fachlich überfordert

Die jetzige angespannte Situation betreffe viele Stationen und sei Folge eines jahrelangen Stellenabbauprozesses, kritisiert Jörg Gößmann, der seit 16 Jahren als Krankenpfleger tätig ist. „Ich arbeite gern mit Menschen zusammen und liebe meine Arbeit, aber ich kann sie nicht so ausführen, wie ich es einmal in der Ausbildung gelernt habe und gern machen würde.“ Er ist in der Psychiatrie am UKB tätig und hat wie viele seiner Kollegen die Arbeit ab Mittwoch unbefristet niedergelegt.

Ein weiterer Grund für die Entscheidung zu diesem Schritt sei auch die Tatsache, dass er immer wieder aushilfsweise an andere Stationen verliehen werde und sich dazu nicht befähigt fühle. „Es ist ein großer Unterschied, ob ich einen Patienten in der Psychiatrie oder Kardiologie betreue. Beide haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse“, erklärt er.

Clemens Platzköster, der kaufmännische Direktor und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des UKB, räumt Verständnis für die Arbeitsniederlegung von Gößmann und seinen Kollegen ein: „Streik ist ein Grundrecht. Dabei ist jedoch eine tägliche Abstimmung mit der Streikleitung unumgänglich, um die Versorgung der Patienten aufrechtzuerhalten.“ Das Bedürfnis der Patienten nach Behandlung dürfe nicht unnötig strapaziert werden. Auch er appelliert deshalb an die Tarifpartner, die Verhandlungen weiterzuführen.

Weitere Aktionen geplant

Mit schnellstmöglichen Beschlüssen – beispielsweise noch vor den Wahlen in NRW – sei jedoch nicht zu rechnen. Davon ist auch ver.di überzeugt und plant weitere Aktionen, wie einen Flashmob in der Bonner Innenstadt. „Wir wollen unseren Unmut nicht nur auf dem Venusberg zeigen, sondern mehr Menschen informieren“, sagt Sandra Kaspar, selbst Pflegerin am UKB und seit dem vergangenen Jahr bei Verdi engagiert. Sie setze sich damit auch für ihre Tochter ein, die sich ebenfalls gerade in der Ausbildung zur Krankenpflegerin befindet, jedoch schon jetzt häufig ihre Berufswahl anzweifele: „Nur, wenn die Arbeitsbedingungen attraktiver werden, können wir unseren Nachwuchs halten und neue junge Menschen für den Beruf begeistern“.

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