Kommentar Es tut sich zu wenig

Bonn · Damit keine Missverständnisse aufkommen: Auch unter Radfahrern gibt es die Raser und Rücksichtslosen, die Oberlehrer und Ehrgeizigen, die Schlafmützen und Sonntagsfahrer.

Dennoch: Auf den Straßen und Wegen dieser Stadt werden sie geradezu missachtet von anderen Verkehrsteilnehmern; von Auto-, Bus- bis Taxifahrern, und, was noch schlimmer ist, von jenen, die in Bonn das Sagen haben. Denn entspanntes Fahrrad fahren ist nur auf ausgewählten Strecken möglich. Der Zustand vieler Radwege ist katastrophal, die Streckenführung mehr als fraglich. Da kommt einem das Ziel, in sieben Jahren Fahrradhauptstadt werden zu wollen, wie ein Hirngespinst vor.

Der ADFC hat festgestellt, dass in Bonn seit Jahren nichts mehr für Radfahrer getan wurde. Der Stillstand beginnt schon mit dem traurigen Los der Radstation am Hauptbahnhof, die sich nach wie vor in einem provisorischen Zustand befindet. Fahrradabstellplätze gibt es in der Innenstadt immer noch zu wenig. Der Bau neuer Radwege ist faktisch zum Erliegen gekommen, und Sanierungen gibt es auch nicht. Die Räumung der Radwege im Herbst von Laub und im Winter von Schnee und Eis findet, wenn überhaupt, immer zuletzt statt.

Und dann diskutieren Politik und Verwaltung seit Jahren über die Einführung eines Radleihsystems. Das ist sicherlich eine gute Sache, aber angesichts so vieler Baustellen, bestimmt nicht die dringlichste Entscheidung. Dass der Ausbau eines vernünftigen Radwegenetzes der einzige Weg aus dem drohenden Verkehrsinfarkt ist, das haben selbst Metropolen wie London kapiert. Europas größte Stadt will in den kommenden zehn Jahren mehr als eine Milliarde Euro in den Ausbau von Fahrradwegen investieren. In Bonn ist das sicherlich für wesentlich weniger zu haben. Man muss es nur ernsthaft wollen.

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